Nach Abstimmungspleite in London – Banges Warten auf „harten“ Brexit

Am 15.1.19 hat sich das britische Parlament gegen das mit der EU ausgehandelte Austrittsabkommen ausgesprochen. Sollte bis zum 29.3.19 nicht doch noch eine Einigung erzielt oder die Verhandlungsfrist verlängert werden, verlassen die Briten zum 30.3.19 die EU. „Angesichts dieser Ungewissheiten sollten sich Unternehmen auf einen ungeregelten Brexit gefasst machen“, mahnt Rechtsanwalt und Steuerberater Christof Zondler, Partner bei Ebner Stolz in Stuttgart.

In Berlin arbeitet der Gesetzgeber derweil an „Auswegen“ aus der Brexit-Misere: Mit dem Brexit-Steuerbegleitgesetz sollen einige steuerliche Nachteile eingedämmt werden, die durch den Austritt Großbritanniens aus der EU insbesondere auf Grund von Umstrukturierungen in der Vergangenheit entstehen würden. Besonders umfangreich sind die Änderungen im Bereich der Umsatzsteuer: An britische Unternehmen vergebene Umsatzsteuer-Identifikationsnummern verlieren ihre Gültigkeit. Nach dem Brexit erfolgen keine innergemeinschaftlichen Lieferungen mehr in das Vereinigte Königreich, sondern Ausfuhrlieferungen mit anderen Nachweisen und Meldungen. Umgekehrt erfolgen der Einfuhrumsatzsteuer unterliegende Einfuhren.

Dringender Handlungsbedarf besteht auch bei Gesellschaften in der Rechtsform einer Limited nach britischem Recht mit Verwaltungssitz in Deutschland. Diese gelten nach dem Brexit aus deutscher Sicht nicht mehr als Kapitalgesellschaften, sondern als Personenunternehmen. Damit entfällt die für Kapitalgesellschaften bestehende Haftungsbeschränkung und die Besteuerung erfolgt anders als bisher nach den für Personenunternehmen geltenden Regelungen. „Unternehmen sollten unbedingt prüfen, ob noch vor dem Brexit eine steuerneutrale Umwandlung in eine Kapitalgesellschaft oder Personengesellschaft nach deutschem Recht möglich ist“, rät Zondler (s. a. PLATOW Recht v. 17.10.18).

Aber auch bei GmbHs oder Aktiengesellschaften ergeben sich zahlreiche steuerliche Änderungen. So ist die so genannte Mutter-Tochter-Richtlinie nicht mehr anwendbar. „Gewinnausschüttungen einer deutschen Tochtergesellschaft an die britische Mutter oder umgekehrt sind bei Vorliegen einer Mindestbeteiligung von 10% nicht mehr quellensteuerfrei“, erläutert Zondler. Auch bestehen andere Voraussetzungen an die Gewerbesteuerfreiheit von Dividenden, die dem deutschen Anteilseigner aus Großbritannien zufließen. Und bei Lizenzgebühren greift die Quellensteuerbefreiung durch die Zins- und Lizenzrichtlinie nicht mehr.

Bislang können Wirtschaftsgüter aus dem inländischen Betriebsvermögen in das Betriebsvermögen einer Betriebstätte im Vereinigten Königreich verbracht und die dadurch ausge-lösten Steuern über fünf Jahre in Raten gezahlt werden. Diese Steuerstundung entfällt mit dem Brexit. Schluss ist auch mit der derzeit bestehenden Möglichkeit, die Hinzurechnungsbesteuerung aus der Beteiligung an einer britischen Gesellschaft zu vermeiden. Zugute kommt das aktuell noch Unternehmen, die den Nachweis einer tatsächlichen wirtschaftlichen Tätigkeit dieser Gesellschaft in Großbritannien erbringen.

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