Gastbeitrag

Kürzere Arbeitszeit statt Kurzarbeit – Tragfähige Modelle gesucht

_ Die Auswirkungen der weltweiten Covid-19-Pandemie bringen immer neue Superlative hervor. Regierungen weltweit mobilisieren Rekordsummen, um der Krise Herr zu werden. Auch die Bundesregierung reagiert mit einem bislang beispiellosen Rettungspaket, um der deutschen Wirtschaft den Rücken zu stärken. Erfolgreiches Instrument in der Krise ist dabei die Kurzarbeit, die möglichst viele Jobs retten soll und laut ifo-Institut im Mai den Rekordwert von 7,3 Mio. Beschäftigten aufwies. Doch wie lange lässt sich solch ein Krisenmodus aufrechterhalten?

Traditionsbranchen mit neuen Denkansätzen

Noch ist nicht absehbar, wie lange das Corona-Virus die Welt (Wirtschaft) im Würgegriff halten wird. Für einige Branchen kursieren jedoch bereits düstere Prognosen. So rechnen Experten für die Automobilindustrie – mithin eine Schlüsselbranche der deutschen Wirtschaft – mit einem gravierenden Einbruch der Produktionszahlen, der sich bis ins Jahr 2025 erstrecken könnte. Zu lange für viele Unternehmen, fürchten Branchenkenner. Ende Juni trat Zulieferer Continental mit einem Vorschlag auf den Plan, als Alternative zur Kurzarbeit die Arbeitszeit generell abzusenken. Der Vorteil: Im Gegensatz zur Kurzarbeit ist die Arbeitszeitverkürzung nicht auf 24 Monate begrenzt und kann somit auch dazu beitragen, einen tiefgreifenderen Strukturwandel innerhalb einer Branche abzufedern. Der Nachteil: Die dadurch entstehenden Lohneinbußen werden nicht – zumindest teilweise – durch Kurzarbeitergeld ausgeglichen. „Für manche Mitarbeiter ist es sicherlich attraktiv, weniger zu arbeiten, auch wenn sie weniger verdienen“, so Martina Hidalgo, Partnerin der Wirtschaftskanzlei CMS Deutschland. „Soweit der Arbeitgeber jedoch keine Kompensationszahlungen leistet, müssen sich die Mitarbeiter dieses Modell leisten können.“

Grundsätzlich ist der Vorschlag von Continental jedoch ein gangbarer Weg, allerdings müssten einige Vorgaben beachtet werden, so die Arbeitsrechtlerin. „Wer dauerhaft die Arbeitszeit von Mitarbeitern absenken möchte, muss dies mit der zuständigen Gewerkschaft und/oder jedem einzelnen Mitarbeiter vereinbaren. Einseitig könnte der Arbeitgeber nur im Wege der Änderungskündigung handeln, was rechtlich schwierig ist und jedenfalls Vorlauf benötigt, da darin eine Betriebsänderung liegen dürfte.“

Je länger die Krise dauert, desto drängender wird auch die Suche nach langfristig tragfähigen Konzepten. Das ist auch bei den Gewerkschaften angekommen, die Vorschlägen wie einer generellen Arbeitszeitverkürzung bei gleichzeitigem Lohnverzicht naturgemäß skeptisch gegenüber stehen. Doch auch hier stehen die Zeichen vielfach auf rot, was die Kompromissbereitschaft erhöht und auch neue Ansätze zulässt.

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