Gastbeitrag

„ARUG II bringt endlich mehr Rechte für Aktionäre“

Robert Peres
Robert Peres © Initiative Minderheitsaktionäre e.V.

Am 1.1.20 ist das Gesetz zur Umsetzung der zweiten EU-Aktionärsrechterichtlinie (ARUG II) in Kraft getreten, das die Mitwirkung der Aktionäre börsennotierter Gesellschaften fördert und zum Teil erheblich ausbaut. Damit habe der Gesetzgeber nun endlich die Position von Aktionären gestärkt, so wie es auch von der EU-Richtlinie intendiert sei, meint Robert Peres, Rechtsanwalt und Vorstandsvorsitzender der Initiative Minderheitsaktionäre e.V.

Vor allem an der Begrenzung von Vorstandsgehältern schieden sich die Geister. ARUG II sollte bis Juni 2019 umgesetzt werden, doch das so genannte „say-on-pay“ sorgte für Konflikte. Die EU-Richtlinie sah die Möglichkeit für ein verbindliches Votum der Hauptversammlung zum Gehaltsvorschlag des Aufsichtsrates vor, doch im Kabinettsentwurf blieb davon nur ein beratendes Votum übrig. Das sorgte für Widerspruch, was vor allem im Rechtsausschuss deutlich wurde. So nannte der Sachverständige Tim Drygala (Universität Leipzig) den Entwurf „mutlos“, nur durch Einbeziehung der Eigentümer würde „ein heilsamer Druck aufgebaut, der Hauptversammlung auch etwas Zustimmungsfähiges vorzulegen.“ Ähnlich äußerte sich der kommissarische Vorsitzende des Ausschusses, Heribert Hirte (CDU). Er war es, der mit Parteifreundin Elisabeth Winkelmeier-Becker auf Änderungen des Kabinettsentwurfs drängte. Die SPD wollte dagegen mit Gewerkschaften und Industrieverbänden die Entscheidungshoheit des Aufsichtsrats schützen, denn „die abschließende Entscheidungsbefugnis müsse beim Aufsichtsrat sein, weil dort die Arbeitnehmervertreter beteiligt seien“. Die Industrieverbände, allen voran der BDI, plädierten ebenfalls gegen eine Verschiebung der Macht zur Eigentümerseite, denn es sei „abträglich für die Balance zwischen den Organen einer Gesellschaft“.

DAX-Chefs – Häufig unverhältnismäßige Gehälter

Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) führt Buch über die jährliche Gesamtvergütung der Vorstandsvorsitzenden der DAX-Unternehmen und stellt sie Arbeitnehmereinkommen gegenüber. In Deutschland öffnet sich mit dem 54-fachen die Schere zwar nicht so weit wie in den USA, wo Konzernchefs laut einer Studie des US-Gewerkschaftsverbandes AFL-CIO im Schnitt 335-mal so viel verdienen wie ihre Angestellten. Auch in Großbritannien verdienen Chefs der FTSE-100-Unternehmen 183-mal mehr als ihre Mitarbeiter. Extreme Unterschiede gibt es aber auch hierzulande. So war im Spiegel zu lesen, dass die Differenz nirgendwo so groß sei wie bei VW: Der ehemalige Vorstandsvorsitzende Martin Winterkorn verdiente jährlich 17,5 Mio. Euro und Ex-Vorständin Christine Hohmann-Dennhardt erhielt für 13 Monate Tätigkeit sage und schreibe 12,5 Mio. Euro.

Seit langem fordern deshalb Aktionärsverbände eine Beteiligung der Hauptversammlung bei der Festlegung von Vorstandsgehältern. Unternehmenseigner sollten über die Bezahlung ihrer höchsten Angestellten selbst entscheiden. Bisher war die Vergütung von Vorständen großer Aktiengesellschaften etwas, das geräuschlos zwischen Aufsichtsrat und Management vereinbart wurde. Die meisten DAX-Aufsichtsräte haben zwar gemäß Deutschem Corporate Governance Kodex (DCGK) einen Rahmen für die Managergehälter. Die Eigentümerversammlung hatte aber keine direkte Einflussmöglichkeit. Nun hat der Aufsichtsrat sein alleiniges Recht zur Festlegung der Managergehälter verloren und damit erfolgte die längst fällige Kodifizierung einer bisher freiwillig ausgeübten Gehaltsdeckelung.

Das Pendel schwingt nun seit Jahresanfang in die andere Richtung und das ist aus Sicht der Minderheitsaktionäre positiv. Nun hat die Hauptversammlung das Recht, eine vom Aufsichtsrat festgelegte Vorstandsvergütung nach unten zu korrigieren. Für die Antragsstellung werden 5% des anwesenden Kapitals benötigt. Es ist auch vorgesehen, dass der Aufsichtsrat eine Obergrenze der Gehälter bestimmen muss und diese der Hauptversammlung zur Abstimmung vorlegt. Auch wenn das Votum nur beratender Natur ist: Der Aufsichtsrat ist gut beraten, die Maximalvergütung sorgfältig festzulegen, denn die Hauptversammlung kann sie korrigieren.

Regulierung von Related Party Transactions

Ein weitere wichtige Gesetzesänderung betrifft Geschäfte mit Personen, die dem Unternehmen nahestehen. In Deutschland gab es bisher keine funktionierende Regelung. Künftig bedürfen so genannte Related Party Transactions nun der vorherigen Zustimmung des Aufsichtsrats, wenn der Wert eines einzelnen oder mehrerer aggregierter Geschäfte mit derselben Person im laufenden Geschäftsjahr die Schwelle von 1,5% der Summe aus Anlage- und Umlaufvermögen übersteigt. Der Kabinetts-entwurf sah hier eine Schwelle von 2,5% vor. Das hätte bei großen DAX-Unternehmen die Regelung praktisch ad absurdum geführt. Obwohl die nun beschlossene Schwelle mit 1,5% immer noch sehr hoch liegt, ist sie dennoch begrüßenswert. Bei den Related Party Transactions ist keine Übergangsvorschrift vorgesehen, sie gelten unmittelbar ab Inkrafttreten. Die Gehälterregeln greifen dagegen erst zur HV-Saison 2021.

Fazit

Aus Aktionärssicht ist die Reform eindeutig zu begrüßen, wurden doch ihre Rechte in der Vergangenheit immer wieder beschnitten. Die Deckelung der Vorstandsgehälter und das Änderungsrecht der Aktionäre könnten die Aktie als attraktive Anlage erst richtig etablieren. Denn letztlich geht es um die Balance zwischen Eigentum und Verfügungsmöglichkeiten. Sie ist noch nicht hergestellt, aber ein Anfang ist gemacht.

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