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Reform der Grunderwerbsteuer – Countdown für Share Deals läuft

_ Die Reform der Grunderwerbsteuer gewinnt an Fahrt. Noch in diesem Monat soll ein aktualisierter Gesetzentwurf Bundestag und Bundesrat passieren. Der Finanzausschuss hat sich bereits für die Änderung bei der Besteuerung von Immobilienerwerben über Gesellschaftsanteile ausgesprochen. Die Gesetzesänderung könnte dann zum 1.7.21 in Kraft treten.

„Die neuen Regeln dürften die Preisgestaltung von Immobilientransaktionen in Deutschland grundlegend verändern, da bei deutlich mehr Share Deals Grunderwerbsteuer anfallen wird“, erklärt Sven Wortberg, Partner im Bereich Real Estate bei Herbert Smith Freehills. „Wir erwarten daher, dass viele Immobilieninvestoren versuchen werden, Share Deals noch vor dem 1. Juli abzuschließen.“

Um nach Ansicht der Politik missbräuchliche Steuergestaltungen einzudämmen, werden mit der Reform die relevanten Schwellenwerte bei Immobilientransaktionen von 95% auf 90% gesenkt. Wird also bisher bei dem Verkauf und der Übertragung von Beteiligungen an immobilienhaltende Personen- oder Kapitalgesellschaften erst ab einem Anteil von 95% Grunderwerbsteuer fällig, so soll dies künftig schon ab 90% der Fall sein. Zudem werden die Haltefristen, nach deren Ablauf Beteiligungen grunderwerbsteuerfrei veräußert werden können, voraussichtlich von fünf auf zehn Jahre verlängert, für bestimmte Fälle sogar auf 15 Jahre.

Ausweitung auf Kapitalgesellschaften

Wesentlicher als die bloßen Änderungen der Schwellenwerte und Haltefristen ist für Steffen Hörner, Partner im Steuerrecht bei Herbert Smith Freehills, allerdings ein anderer Aspekt der Reform: Nach dem Gesetzentwurf soll eine Vorschrift, die bislang nur für Personengesellschaften gilt, auch auf Kapitalgesellschaften angewendet werden. „Dies hat zur Folge, dass die derzeitigen Strukturen, bei denen Verkäufer eine Beteiligung in Höhe von 94,9% an einer immobilienhaltenden Kapitalgesellschaft an einen Käufer und 5,1% an einen anderen Käufer ohne Einhaltung einer Haltefrist veräußern, nicht mehr möglich sein werden“, erklärt Hörner. Eine Ausnahmeregelung sieht die geplante Gesetzesänderung – anders noch als der Entwurf 2019 – für börsennotierte Gesellschaften vor. Dies soll verhindern, dass bei einem hohen Streubesitzanteil nicht allein der Wechsel von Anteilseignern über die Börse Grunderwerbsteuer auslöst.

Worauf sollten sich Unternehmen zum 1.7.21 also einstellen? „Übertragungen von Beteiligungen, bei denen der Kaufvertrag vor dem 1. Juli abgeschlossen wurde, das Closing aber erst danach erfolgt, werden wahrscheinlich von den neuen Regeln betroffen sein“, schätzt Steuerrechtler Hörner. Darüber hinaus werde die 95%-Schwelle wahrscheinlich weiterhin für Fälle gelten, in denen der Steuerpflichtige bereits vor dem 1. Juli mehr als 90%, aber weniger als 95% erworben hat. „Dies soll verhindern, dass Transaktionen, bei denen ein Anteilseigner seine Beteiligung von über 90% auf 100% erhöht, der Grunderwerbsteuer entgehen.“

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