Gastbeitrag

Gelockerter Kündigungsschutz für Top-Banker – Mehr Schein als Sein

Der Deutsche Bundestag hat am 21.2.19 das Brexit-Steuerbegleitgesetz verabschiedet. Teil dieses Gesetzes ist eine Anpassung des § 25a Kreditwesengesetz (KWG), wodurch der Kündigungsschutz für Top-Banker in bedeutenden Instituten – d. h. mit einer Bilanzsumme von 15 Mrd. Euro oder mehr – gelockert wird. Ziel des Gesetzes ist es, den Standort Frankfurt für Finanzinstitute aus London attraktiver zu machen. In Kraft treten soll das Gesetz noch vor dem Brexit.

Bestimmte Arbeitnehmer in bedeutenden Instituten werden künftig den leitenden Angestellten im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes gleichgesetzt. Für die Auflösung eines Arbeitsverhältnisses mit einem leitenden Angestellten gilt, dass keine Verpflichtung des Arbeitgebers besteht, den Antrag zu begründen. Diese Ausnahmeregelung findet nunmehr auch auf bestimmte Arbeitnehmer großer Finanzinstitute Anwendung. „Voraussetzung ist allerdings, dass der Arbeitnehmer als Risikoträger im Sinne der Institutsvergütungsverordnung zu qualifizieren ist und eine jährliche fixe Vergütung erhält, die mindestens das Dreifache der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung übersteigt“, verdeutlicht Hans-Hermann Aldenhoff, Partner bei Simmons & Simmons (s. a. PLATOW Recht v. 30.5.18). Damit wären derzeit lediglich „Risikoträger“ in „bedeutenden Instituten“ mit einer fixen Jahresvergütung von mehr als 241 200 Euro brutto in Westdeutschland bzw. 221 400 Euro brutto in Ostdeutschland von der Änderung erfasst. Etwaige Boni oder andere variable Vergütungsbestandteile werden nicht einbezogen.

Diskrepanz zwischen verfolgtem Ziel und Relevanz

Die praktische Relevanz des Gesetzes jenseits der politischen Botschaft bleibt abzuwarten. Zum einen gibt es verfassungsrechtliche Bedenken, da Risikoträger „bedeutender Institute“ schlechter gestellt werden als solche in Instituten, die dieses Kriterium nicht erfüllen. Außerdem besteht eine Ungleichbehandlung gegenüber anderen Dienstleistern und Industrien. „Man mag das mit der systemischen Relevanz der betroffenen Institute begründen können“, so Aldenhoff weiter. „Jedoch ist damit zu rechnen, dass betroffene Arbeitnehmer sich im Streitfall auf den Standpunkt stellen, dass die Vorschrift wegen verfassungsrechtlicher Unwirksamkeit nicht anzuwenden ist.“ Praktisch ungleich größer erscheint die Diskrepanz zwischen verfolgtem Ziel und Relevanz in der Praxis: Ohnehin dürften allenfalls etwa 5 000 Arbeitnehmer deutschlandweit in den Anwendungsbereich der neuen Regelung fallen.

Einerseits ist nur eine geringe Anzahl von Instituten „bedeutend“ im Sinne der Institutsvergütungsverordnung. Andererseits ist der Begriff des Risikoträgers im Einzelfall durch die Arbeitsgerichte als Anspruchsvoraussetzung zu prüfen. Die bisherige Praxis der Arbeitsgerichte zeigt insoweit eine gewisse Zurückhaltung, Arbeitnehmer auf Grund regulatorischer Anforderungen an den Arbeitgeber schlechter zu stellen. „Selbiges ist für § 25a KWG n. F. zu erwarten“, vermutet Arbeitsrechtler Aldenhoff. „Politische Symbolik und Relevanz für die Praxis dürften daher weit auseinanderfallen.“

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