Vertragsstrafen – Der lange Arm des Arbeitgebers
Ein Abendessen in Dubai endete für Franck Ribéry, Stürmer-Star des FC Bayern München, in einem Shitstorm – und einer saftigen Geldstrafe von Seiten seines Vereins. Denn der Profifußballer fertigte seine Kritiker im Netz auf derart obszöne Art und Weise ab, dass der FC Bayern sich gezwungen sah, eine Strafe wegen nicht akzeptablen Verhaltens zu verhängen. Doch darf ein Arbeitgeber ein in der Freizeit des Arbeitnehmers begangenes „Fehlverhalten“ überhaupt sanktionieren? Antworten gibt Christoph Kurzböck, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Associate Partner der Kanzlei Rödl & Partner.
Nur selten entsteht ein derartiger Medienrummel um ein Abendessen. Franck Ribéry legte kurz vor dem Trainingslager des Fußball-Bundesligisten FC Bayern München in Katar einen Zwischenstopp im nahen Dubai ein und besuchte dort das Restaurant Nusr-Et, in dem er auf Einladung ein mit Blattgold überzogenes Tomahawk-Steak im angeblichen Wert von 1 200 Euro verspeiste und dies in den sozialen Medien postete. Kurz danach entflammte in den sozialen Netzwerken eine Debatte, ob sein Verhalten angemessen sei. Typisch für Online-Debatten in sozialen Netzwerken wurde mit Ribéry hier nicht gerade zimperlich umgegangen – und der Angegriffene konterte nicht minder aggressiv. Als Reaktion hierauf verhängte der FC Bayern eine „hohe Geldstrafe“. Diese wurde öffentlich u. a. damit begründet, dass Ribéry Worte benutzt habe, die der Verein so nicht akzeptieren könne und die Ribéry als Vorbild und als Spieler des FC Bayern auch nicht benutzen dürfe.
Rechtliche Einordnung
Die Geldstrafe ist keine Geldstrafe im strafrechtlichen Sinne, sondern vielmehr eine Vertragsstrafe. Gleichwohl stellt sich die Frage nach ihrer rechtlichen Wirksamkeit. Ausgangspunkt der rechtlichen Bewertung ist zunächst, dass zwischen Ribéry und dem FC Bayern grundsätzlich ein normales Arbeitsverhältnis vorliegt und Ribéry ein „normaler“ Arbeitnehmer ist. Daher richtet sich die Wirksamkeit der Vertragsstrafe nach den allgemeinen arbeitsrechtlichen Gesichtspunkten.
Eine Vertragsstrafe muss grundsätzlich hinreichend klar und bestimmt genug formuliert sein. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) sind Vertragsstrafen grundsätzlich auf ein Bruttomonatsgehalt zu beschränken. Wenn im Falle Ribérys von einer hohen „Geldstrafe“ die Rede ist, muss diese Grenze berücksichtigt werden, damit die Vertragsstrafe nicht unwirksam ist. Ob die Vertragsstrafe die eingangs genannten Kriterien erfüllt, kann mangels Kenntnis des konkreten Wortlauts an dieser Stelle nicht beurteilt werden.
Wozu jedoch eine Aussage getroffen werden kann, ist die Frage, ob eine taugliche Pflichtverletzung vorliegt, die eine Vertragsstrafe auslösen kann. Zu beachten ist hier, dass die verbale Entgleisung Ribérys in dessen Freizeit privat und nicht während seiner Tätigkeit für den FC Bayern erfolgte. Es liegt also kein dienstliches Verhalten Ribérys vor, sondern außerdienstliches Verhalten. Außerdienstliches Verhalten kann grundsätzlich nur dann eine für eine Vertragsstrafe taugliche Pflichtverletzung sein, wenn das Fehlverhalten einen Bezug zum Arbeitsverhältnis hat. Aus dem Arbeitsvertrag lässt sich keine allgemeine Pflicht des Arbeitnehmers entnehmen, seine private Lebensführung an den Interessen des Arbeitgebers auszurichten. Dem Arbeitnehmer obliegt grundsätzlich auch nicht die Pflicht, sich sittlich angemessen zu verhalten. Die verbale Entgleisung Ribérys auf seinen Social-Media-Profilen stellt daher nicht allein deshalb eine Pflichtverletzung dar, weil Ribéry in einem Arbeitsverhältnis mit dem FC Bayern steht. Vielmehr müssten seine Äußerungen Auswirkungen auf seine Tätigkeit als Lizenzspieler haben. Als Lizenzspieler besteht der Inhalt der Arbeitsleistung hauptsächlich darin, für den Verein Fußball zu spielen.
Wenn der Verein in seinen öffentlichen Äußerungen in Bezug auf die Vertragsstrafe davon spricht, dass sie u. a. deshalb verhängt wurde, weil der Verein die Äußerungen nicht akzeptieren könne und Ribéry ein Vorbild sei, vermag das nur bedingt zu überzeugen. In den Äußerungen wurde per se kein Bezug zur Tätigkeit als Fußballprofi beim FC Bayern hergestellt. Ribéry wehrte sich lediglich gegen seine Kritiker – noch dazu in seiner Muttersprache –, die sein privates Verhalten anlässlich des Abendessens im Restaurant missbilligten. Ob der Verein die Worte gutheißt oder nicht, spielt an dieser Stelle keine Rolle. Bei der angesprochenen Vorbildfunktion muss man sich die Frage stellen, ob sich ein Lizenzspieler in der Bundesliga nur auf Grund seiner Tätigkeit und seiner damit einhergehenden Prominenz in der Öffentlich stets angemessen zu verhalten habe. Auch dies ist abzulehnen, wenn es den rein privaten Bereich betrifft. Dies ist hier der Fall, da die Aussagen auf den privaten Social-Media-Accounts getätigt wurden und nicht auf Onlineprofilen des Vereins.
Fazit
Auch außerdienstliches Verhalten kann zu einer Vertragsstrafe führen, wenn das pflichtwidrige Verhalten einen ausreichenden Bezug zum Beschäftigungsverhältnis hat. Bei Personen des öffentlichen Interesses ist die Abgrenzung zwischen dienstlichem und privatem Verhalten oftmals schwierig. Die Grenzen sind fließend, weil der Beruf in der Öffentlichkeit ausgeübt wird. Im Falle Ribérys, der im besonderen Fokus der Medien steht, spielt dies eine herausragende Rolle, jedoch reicht die verbale Entgleisung anlässlich eines privaten Abendessens nicht für die Verhängung einer Vertragsstrafe aus.
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