Gastbeitrag

„Es ändert sich eine ganze Aufsichtskultur“

Daniel Krüger
Daniel Krüger © GRA Rechtsanwälte

_ Am 1.1.21 tritt das Gesetz zur Übertragung der Aufsicht über Finanzanlagenvermittler und Honorar-Finanzanlagenberater auf die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) in Kraft – voraussichtlich. Zwar wurde das Gesetz von Anfang an von Teilen der Opposition sowie der Wirtschaft kritisiert und auch innerhalb der Regierungsparteien blieb es nicht unumstritten; doch nachdem das Bundeskabinett im März den vom Bundesfinanzministerium erarbeiteten Gesetzesentwurf beschlossen hatte, sollte es gleichwohl ohne Änderungen noch vor der politischen Sommerpause im Bundestag verabschiedet werden. Doch nun verzögert sich das Gesetzgebungsverfahren. Ein Überblick von Daniel Krüger, GRA Rechtsanwaltsgesellschaft.

Der Finanzausschuss hat den Beschluss zu dem Gesetz, der ursprünglich in der ersten Juliwoche erfolgen sollte, vertagt. Auch wenn sich hierdurch möglicherweise der Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes nach hinten verschiebt: An der Übertragung der Aufsicht über die Finanzanlagenvermittler von den Industrie- und Handelskammern auf die BaFin wird weiter festgehalten, der Beschluss zu dem Gesetz soll nun nach der parlamentarischen Sommerpause erfolgen.

Das Motiv der Regierung, die Aufsicht auf die BaFin zu übertragen, ist die Befürchtung, dass die derzeitige fachliche Zersplitterung der Aufsicht zu Lasten der Einheitlichkeit und Qualität der Aufsicht gehen könnte. Denn aktuell wird die Tätigkeit von Finanzanlagenvermittlern – je nach Bundesland – entweder von den Gewerbeämtern oder von den Industrie- und Handelskammern beaufsichtigt. Bei oberflächlicher Betrachtung des Gesetzesentwurfs könnte man meinen, dieser sehe „nur“ einen Aufsichtswechsel über die Finanzanlagenvermittler auf die BaFin vor; tatsächlich sind die avisierten Änderungen jedoch gravierender.

Einheitliches Niveau, flächendeckende Kontrolle

Formal erfolgt der Wechsel dergestalt, dass die bisherigen Erlaubnistatbestände der § 34f und § 34h der Gewerbeordnung (GewO) in das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) eingefügt werden; dort soll für Finanzanlagenvermittler und Honorar-Finanzanlagenberater, die im Gesetz zukünftig zusammen unter dem Oberbegriff „Finanzanlagendienstleister“ bezeichnet werden, ein neuer Erlaubnistatbestand geschaffen werden, wobei die bisherigen Voraussetzungen – Zuverlässigkeit, geordnete Vermögensverhältnisse, der Nachweis einer Berufshaftpflichtversicherung und der Nachweis der Sachkunde – bestehen bleiben sollen. Entsprechend sollen auch die Erlaubnisse nach der GewO weiterhin bestehen bleiben; dies gilt jedoch vorbehaltlich eines Überprüfungsverfahrens, das die BaFin bei allen Finanzanlagendienstleistern ab Anfang 2021 durchführen will.

Ziel ist es, ein einheitliches Aufsichtsniveau zu garantieren – aber auch, eine flächendeckende Kontrolle zu ermöglichen. Dabei sollen Vertriebsgesellschaften innerhalb von sechs Monaten nach Übernahme der Aufsicht durch die BaFin die Voraussetzungen der Erlaubnis ohne Aufforderung einreichen, sonstige Finanzanlagendienstleister innerhalb von sechs Monaten nach entsprechender Aufforderung durch die BaFin. Sofern die Angaben und Unterlagen nicht fristgerecht übermittelt werden, erlischt die Erlaubnis.

Die materiell-rechtlichen Regelungen, die bislang in der erst kürzlich überarbeiteten Finanzanlagenvermittlerverordnung (FinVermV) – die novellierte Fassung trat am 1.8.20 in Kraft – enthalten waren, werden ebenfalls in das WpHG überführt. Dabei hat die BaFin künftig das Recht, Prüfungen im Sinne eines risikoorientierten Ansatzes nach eigenem Ermessen anzuordnen und durch eigene Prüfer durchzuführen, wobei sie zeitlich an keinen Turnus gebunden ist. Auch wenn die Aufsicht der BaFin voraussichtlich erst am 1.1.21 beginnt, geht bereits die Prüfungszuständigkeit für den Prüfungszeitraum 1.1. bis 31.12.20 auf sie über.

Härtere Sanktionen bei Verstößen

Der Bußgeldkatalog, der Verstöße im Zusammenhang mit der Ausübung der Finanzdienstleistung ahndet, soll ausgeweitet werden. Zudem können künftig Verstöße gegen die Erlaubnispflicht mit einem Bußgeld von bis zu 5 Mio. Euro geahndet werden, wobei ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig Finanzanlagen vermittelt bzw. zu Finanzanlagen berät, ohne über die erforderliche Erlaubnis zu verfügen. Auch wird die BaFin jede Bußgeldentscheidung, sobald diese unanfechtbar ist, unverzüglich und unter Nennung der für den Verstoß verantwortlichen juristischen Person bzw. Personenvereinigung auf ihrer Internetseite bekannt machen; eine Anonymisierung soll nur ausnahmsweise – etwa wenn die Bekanntmachung laufende Ermittlungen oder die Stabilität der Finanzmärkte gefährden würde – stattfinden. Zudem hält auch die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung bei Finanzanlagendienstleistern Einzug: Diese werden unter der Aufsicht der BaFin verpflichtet, das von ihr bereitgestellte elektronische Kommunikationsverfahren zu benutzen; damit kann die BaFin den Betroffenen etwa Verwaltungsakte bekanntgeben sowie zustellen. Zudem sind auf diesem Wege der BaFin Informationen und Dokumente zu übermitteln, die für die Erlaubnis sowie die weitere laufende Aufsicht benötigt werden.

Bereits dieser kursorische Überblick zeigt: Der Aufsichtswechsel von den Gewerbeämtern bzw. den Industrie- und Handelskammern auf die BaFin wird nicht nur ein rein formeller Akt sein; es ändert sich eine ganze Aufsichtskultur. Noch haben Finanzanlagenvermittler Zeit, sich hierauf einzustellen.

{{ name }} Chart
{{ name }} Aktie auf wallstreet:online

ARTIKEL DIESER AUSGABE