Gastbeitrag

Kryptowährungen als Finanzierungssicherheit

Oliver Socher und Fabian Löw
Oliver Socher und Fabian Löw © Baker McKenzie

_ Für Finanzierer ist es bei der Vergabe von Darlehen wichtig, Sicherheiten über bestimmte Vermögensgegenstände des Darlehensnehmers zu erhalten. In der Praxis haben sich liquide Sicherheiten wie Kontenverpfändungen und die Abtretung von Zahlungsansprüchen besonders bewährt. Bisher betrafen diese jedoch stets Fiat-Währungen wie z. B. US-Dollar oder Euro, welche von einer staatlichen Zentralbank ausgegeben werden. Oliver Socher (Partner) und Fabian Löw von Baker McKenzie eruieren, wie in Zukunft Kreditsicherheiten an Kryptowährungen des zu finanzierenden Unternehmens bestellt werden können.

Kryptowährungen sind inzwischen bei international tätigen Unternehmen angekommen – sei es lediglich als Anlage liquiden Vermögens oder als akzeptiertes Zahlungsmittel für Endkunden. So wurden z. B. Bitcoins von zahlreichen Unternehmen weltweit bislang im Wert von 50 Mrd. US-Dollar erworben (Stand: März 2021). Es ist also Zeit, sich über den zivilrechtlichen Umgang mit Kryptowährungen im Rahmen des Kreditsicherungsrechts Gedanken zu machen.

Kontoverpfändung 2.0

Da es sich bei Kryptowährungen der Terminologie nach um eine Währung handelt, ist es zunächst naheliegend, von der Existenz eines Kontos auszugehen. Tatsächlich gibt es für Kryptowährungen sogenannte Wallets, mit deren Hilfe die jeweilige Kryptowährung (nachfolgend wird Token als Oberbegriff für Coins, Altcoins und Token im engeren Sinne verwendet) empfangen, aufbewahrt und versendet werden kann. Diese Wallets existieren als Hardware-Wallets, Software-Wallets sowie als von Dritten (in der Regel von Kryptobörsen) angebotenen Online-Wallets. Im Gegensatz zu klassischen Bankkonten befindet sich in den Wallets kein entsprechendes Guthaben der Token. Aufgrund der Blockchain-Technologie können diese nie im Wallet selbst gespeichert werden. Vielmehr sind im Wallet nur die Schlüssel gespeichert, welche den Token zugeordnet sind und folglich für die Durchführung einer Transaktion unerlässlich sind. Die Verpfändung des Guthabens wie bei einem Bankkonto ist bei Kryptowährungen also nicht möglich, sodass insbesondere die Verpfändung eines Software-Wallets oder Online-Wallets mangels zu verpfändenden Rechts ausscheidet.

Als Gedankenspiel wäre im Falle eines Hardware-Wallets dieses zu verpfänden. Zwar mag der einzelne Token der jeweiligen Kryptowährung keine Sache im Sinne des BGB sein. Ein greifbares Hardware-Wallet ist hingegen eine Sache, die verpfändet werden kann. Der Sicherungsnehmer muss sich hierbei im Klaren sein, dass er durch den Erhalt des Hardware-Wallets lediglich die erforderlichen Schlüssel erhält, um selbst erst eine Transaktion über die Token durchzuführen. Einen mittelbar entgeltlichen Wert hat das Hardware-Wallet nur solange, wie die Token noch diesen Schlüsseln zugeordnet sind. Dabei ist zu beachten, dass Hardware-Wallets zwar deutlich sicherer als Online-Wallets sind, aber auch sie in bestimmten Fällen theoretisch gehackt werden können.

Für den Fall des Hardware-Wallets steht es dem Sicherungsnehmer frei, anstatt einer Verpfändung sich das Eigentum am Hardware-Wallet zur Sicherheit übereignen zu lassen. Dann bedarf es keiner zusätzlichen Versteigerung zur Verwertung der Kreditsicherheit. Der Sicherungsnehmer hat bei der Sicherungs-übereignung direkten Zugriff und kann mithilfe der im Hardware-Wallet gespeicherten Schlüssel unmittelbar auf die Token zugreifen. In dieser Konstellation erscheint es für den Erhalt einer Kreditsicherung unsinnig – wie sonst bei Sicherungsübereignungen üblich – den Besitz des Gegenstandes (hier des Hardware-Wallets) beim Sicherungsgeber zu belassen. Andernfalls käme zum Restrisiko des Hackings die Gefahr hinzu, dass der Sicherungsgeber vollkommen unbemerkt vom Sicherungsnehmer eine Transaktion durchführt. Eine regelmäßige Vorlage von Kontoauszügen etwa seitens des Sicherungsgebers gegenüber dem Sicherungsnehmer gibt es bei Kryptowährungen schließlich nicht.

Eine Übereignung oder Übertragung der Token selbst scheitert daran, dass es sich bei ihnen nach bisheriger Rechtslage weder um Sachen noch um Rechte handelt. Vielmehr werden sie durch Realakt übertragen, indem die Transaktion zu einer anderen Person in der Blockchain dokumentiert wird. Ebenso wie die Sicherungsübereignung ist eine Sicherungsabtretung mangels Existenz einer Forderung nicht zielführend. Der Token selbst bringt keinen Anspruch gegen einen Dritten – wie auf Auszahlung eines Betrages beim Buchgeld – mit sich.

Noch unzureichende Rechtsgrundlage

Die Gedankenspiele dieses Beitrags zeigen, dass das geltende deutsche Zivilrecht in Teilen bereits Möglichkeiten bereithält, Kryptowährungen theoretisch als Finanzierungssicherheit zu nutzen. Außerhalb der behandelten Hardware-Wallets bietet das geltende Recht jedoch noch nicht die erforderlichen Regelungen, um dieser neuen Erscheinung ausreichend beizukommen. Nachdem im Bankaufsichtsrecht der Gesetzgeber und die BaFin sich (zwangsweise) zuletzt zunehmend mit Kryptowährungen beschäftigt haben, muss die Klärung von den bislang offenen, zivilrechtlichen Fragestellungen endlich angegangen werden. Dann stünde der Nutzung von Kryptowährungen als Finanzierungssicherheit zukünftig nichts im Wege.

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