Platow im Gespräch

Coronavirus – Das müssen Unternehmen beachten

Die Ausbreitung des Coronavirus hat spürbare Auswirkungen auf die Wirtschaft und das Arbeitsleben. Auf welche arbeitsrechtlichen Vorgaben Unternehmen achten sollten und wie sie sich und ihre Belegschaft schützen, darüber hat PLATOW Recht mit Thomas Hey, Partner im Düsseldorfer Büro der Kanzlei Bird & Bird, gesprochen.

Herr Hey, viele deutsche Unternehmen pflegen geschäftliche Kontakte nach China. Darf ein Mitarbeiter aus Angst vor dem Coronavirus eine Dienstreise dorthin verweigern?
Lässt ein Arbeitsvertrag die Anordnung einer Dienstreise nach China zu, darf der Arbeitnehmer diese grundsätzlich nicht aus Angst vor dem Coronavirus verweigern. Gleichzeitig hat ein Arbeitgeber gegenüber seinem Arbeitnehmer aber eine Fürsorgepflicht und darf diesen nicht willkürlich Gefahren aussetzen. Soweit z. B. wegen Ansteckungsgefahr eine Reisewarnung des Auswärtigen Amts vorliegen sollte – wie es momentan für die Provinz Hubei der Fall ist –, dürfte die Anordnung einer Dienstreise unzulässig sein und ein Arbeitnehmer diese verweigern dürfen. Für die übrigen Regionen Chinas gilt dies nicht, so dass ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer anweisen kann, nach China zu reisen. Je nach Schwere der Folgen der Nichtdurchführung der Reise stehen dem Arbeitgeber die üblichen arbeitsrechtlichen Mittel zur Verfügung (Ermahnung, Abmahnung, Kündigung). Sollte ein Arbeitnehmer sich beharrlich weigern oder der Nichtantritt für den Arbeitgeber unzumutbare Nachteile, wie z. B. den Verlust eines wichtigen Kunden zur Folge haben, kann dies im Einzelfall sogar zu einer außerordentlichen Kündigung berechtigen.

Nehmen wir nun an, ein Arbeitnehmer hat sich in China aufgehalten – darf er vom Betrieb ferngehalten werden?
Hat sich ein Arbeitnehmer in einem Risikogebiet aufgehalten, darf sein Arbeitgeber ihn grundsätzlich bezahlt von der Arbeit freistellen, bis die Frage der Infektion geklärt ist. Auf Verlangen seines Arbeitgebers muss er darüber, wo in China er sich aufgehalten hat, Auskunft erteilen. Eine Aufforderung zur Untersuchung durch einen Arzt ist aber nur bei akutem Verdacht einer Infektion, etwa bei intensivem Kontakt des Arbeitnehmers mit einer infizierten Person, zulässig.

Ist ein Arbeitgeber darüber hinaus verpflichtet, Schutzmaßnahmen zu ergreifen?
Ein Arbeitgeber sollte die Belegschaft über empfehlenswerte Verhaltensweisen wie der Verringerung von zwischenmenschlichen Kontakten informieren. Darüber hinaus sollte er die Einhaltung der Hygienevorschriften überprüfen. In Abstimmung mit dem Betriebsarzt sollten er diese gegebenenfalls verschärfen. Ebenso sollte er mit dem Betriebsarzt ein Schutzkonzept für den Fall konkreter Hinweise auf eine Infektion im Betrieb erarbeiten und darüber gegebenenfalls eine Betriebsvereinbarung schließen. In der Vereinbarung sollte der Arbeitgeber für den Fall, dass es konkrete Hinweise auf Infektionsrisiken im Betrieb gibt, zum Anordnen des Tragens von Schutzmasken, von Arbeiten im Homeoffice und von regelmäßigem Desinfizieren der Hände berechtigt werden.

Was darf ein Arbeitnehmer bei einem Teilausfall der Belegschaft unternehmen?
Wenn eine Vielzahl von Arbeitnehmern auf Grund des Virus ausfallen sollte und deshalb ein Auftrag oder ein Projekt gefährdet wird, dürfen die arbeitsfähigen Arbeitnehmer grundsätzlich zu Mehrarbeit und Überstunden verpflichtet werden. Ein Notfallplan für eine Evakuierung des Betriebs und die Sicherstellung zumindest einer gewissen Arbeitsfähigkeit sollte erarbeitet werden.

Welche Folgen hat es, wenn eine Behörde ein berufliches Tätigkeitsverbot anordnet? Besteht dann ein Entgeltfortzahlungsanspruch?
Sollten Behörden auf Grund der Infektion eines Arbeitnehmers bzw. dem Verdacht einer Infektion Tätigkeitsverbote anordnen, stellt dies grundsätzlich einen vorübergehenden und persönlichen Verhinderungsgrund gem. § 616 BGB dar, der den Arbeitgeber zur Entgeltfortzahlung verpflichtet.

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