Gastbeitrag

Zahlung von Boni – Versprochen ist versprochen

Peter Krebühl
Peter Krebühl © Krebühl Biere RA

Eine Klage vor dem Arbeitsgericht gegen den eigenen Arbeitgeber einleiten? Ein Ansatz, den Arbeitnehmer insbesondere im laufenden Arbeitsverhältnis grundsätzlich nur ungern wählen, selbst wenn sie mit der zugedachten Bonuszahlung nicht zufrieden sind oder diese schlichtweg mangels Erläuterung nicht nachvollziehen können. Doch die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte in den vergangenen Jahren ermutigt Arbeitnehmer geradezu, diesen Schritt zu wagen, wenn Arbeitgeber keinen fairen Bonus bezahlen oder bewusst intransparent agieren, meint Peter Krebühl, Partner bei Krebühl Biere Rechtsanwälte.

Oftmals räumen sich Unternehmen in ihren Bonussystemen Freiräume in Bezug auf die Gewährung der Bonuszahlung an sich, die Höhe der Bonusbeträge oder auch die konkreten Voraussetzungen für die Auszahlung ein. Diese Bonussysteme verfolgen das Ziel, auch im Nachgang noch frei darüber entscheiden zu dürfen, ob überhaupt und, wenn ja, in welcher Höhe ein Bonus zu zahlen ist. Richtigerweise legen die Arbeitsgerichte Spielregeln für die Ausfüllung dieser Freiräume fest, an die sich die Unternehmen zu halten haben.

Kein nachträgliches „Streichen“

Arbeitgeber können grundsätzlich nicht nach Ablauf des Bonuszeitraums erklären, keinen Bonus zahlen zu wollen. Es würde eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers darstellen, wenn der Arbeitgeber von der Bonuszahlung für ein bestimmtes Geschäftsjahr im Nachhinein absehen dürfte, obwohl der Arbeitnehmer in diesem Geschäftsjahr seine Arbeitsleistung erbracht hat und die Zahlung auch Teil der Gegenleistung für die erbrachte Arbeit des Beschäftigten war (Bundesarbeitsgericht (BAG) v. 13.5.15, Az.: 10 AZR 266/14).

Regelungen, nach denen eine Kündigung von Arbeitnehmern – oder auch von Arbeitgebern – zum Verfall des Bonusanspruchs führen, sind ebenfalls regelmäßig nicht angemessen. Da der Bonus jedenfalls auch eine Gegenleistung für im Geschäftsjahr laufend erbrachte Arbeit darstellt, darf die Auszahlung nicht von einem ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses im Folgejahr abhängig gemacht werden (BAG v. 3.8.16, Az: 10 AZR 710/14). Ansonsten würde der Wechsel zu einem anderen Arbeitgeber erheblich erschwert, die im Grundgesetz in Art. 12 Abs. 1 geschützte Freiheit der Berufswahl wäre dadurch eingeschränkt.

Pflicht zur Begründung

Wenn sich ein Unternehmen vorbehält, bei der Festlegung des Bonusbetrages diskretionär, also nach eigenem Ermessen, entscheiden zu können, hat es eine konkrete Begründung für die Höhe des Betrages und die Angemessenheit darzulegen und zu beweisen. Soweit nicht feste, berechenbare Kriterien wie z. B. die direkte Verknüpfung mit einem Umsatzziel die Bonussumme unmittelbar bestimmen, sondern weiche Kriterien wie die Art und Weise der Zielerreichung oder die Berücksichtigung von Unternehmenswerten durch den Arbeitgeber herangezogen werden, ist dem bonusberechtigten Arbeitnehmer genau zu erläutern, aus welchen Gründen der Bonus nun z. B. 5 000 Euro und nicht etwa 5 500 Euro beträgt. Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt sind.

Diese Grundprinzipien stellen allesamt auf die gleiche Ausgangsüberlegung ab: Wer eine Leistung verspricht, sozusagen eine „Karotte hinhält“, darf nicht im Nachgang die aufgestellten Bedingungen dafür ändern. Die Karotte also höher zu hängen, gegen eine kleinere auszutauschen oder gar ganz zu entziehen ist unfair und deshalb nicht zulässig. Wer eine Belohnung in Aussicht stellt, muss dann auch halten, was er versprochen hat.

Die schwierige Ausgangssituation für einen Arbeitnehmer, dass Arbeitgeber teilweise selbst noch vor Gericht keine oder keine nachvollziehbare Begründung für den zugeordneten Bonusbetrag erteilen, lösen die Arbeitsgerichte durch die einem Richter zukommende Entscheidungshoheit: Erbringt der Arbeitgeber keinen oder keinen hinreichenden Vortrag dazu, warum eine bestimmte Leistungsfestsetzung billigem Ermessen entsprechen soll, ist die von ihm vorgenommene Bonusentscheidung unverbindlich, ergo unwirksam. Wenn also nicht der Arbeitgeber über den Bonusbetrag entscheiden kann, muss dies der Richter tun: Im Rahmen der richterlichen Leistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB setzt das Gericht dann durch Urteil den zu zahlenden Bonusbetrag fest.

Dabei berücksichtigt das Gericht die Tatsachen und Argumente, die Arbeitnehmer und Arbeitgeber im Verlauf des Verfahrens vorgetragen haben. Eine wichtige Rolle spielen dabei die in den Vorjahren gezahlten Boni, da durch sie regelmäßig zum Ausdruck gebracht wird, welche Höhe eine solche Leistung unter welchen Umständen erreichen kann (vgl. Hessisches LAG v. 25.10.18, Az.: 19 Sa 1090/17).

Fazit

Es bleibt im Ergebnis eine schwierige Abwägung für Arbeitnehmer, ob sie einen Streit über die Vergütung bis hin zu einem gerichtlichen Verfahren eskalieren wollen. Richtig ist es in jedem Fall, eine nachvollziehbare Begründung für den jeweiligen Bonusbetrag einzufordern. Arbeitgeber, die diese Forderung nicht erfüllen, müssen damit rechnen, dass mit dem Richter ein unabhängiger Dritter den Bonusbetrag nicht nur überprüft, sondern gegebenenfalls auch neu festsetzt.

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