Gastbeitrag

Neue Regelungen für elektronische Kassensysteme ab Oktober

_ Im Kampf gegen Steuerhinterziehung hat der Gesetzgeber mit dem Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen vom 22.12.16 etliche Verschärfungen eingeführt (§ 146a AO). Mediale Aufmerksamkeit hat die bereits seit dem 1.1.20 geltende Pflicht zur Belegausgabe („Bonpflicht“) erfahren.

Demgegenüber wurde die Pflicht, elektronische Aufzeichnungssysteme (z. B. computergestützte Kassen) durch eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung (TSE) zu schützen, zunächst suspendiert. Nach einem BMF-Schreiben vom 6.11.19 wurde nicht beanstandet, wenn Nutzer (z. B. Gastronomiebetriebe oder Einzelhandel) bestehende Systeme erst bis zum 30.9.20 mit einer TSE nachrüsten. Diese Frist läuft in Kürze aus.

„Die Pflicht, den neuen gesetzlichen Anforderungen entsprechende Systeme anzuschaffen bzw. bestehende Systeme mit einer TSE nachzurüsten, bedeutet für Nutzer sowie Hersteller und Anbieter solcher Systeme einen erheblichen logistischen und finanziellen Aufwand“, erläutert Andreas Höpfner, Steuerstrafrechtler der Kanzlei Flick Gocke Schaumburg. „Gleichzeitig bestehen bußgeld- und im schlimmsten Fall steuerstrafrechtliche Risiken.“

Nichtbeachtung kann teuer werden

Zwar hat sich die Lage etwas entspannt, da – vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie – alle Bundesländer außer Bremen durch individuelle Ländererlasse die aktive Nutzungspflicht von durch TSE abgesicherten Systemen bis zum 31.3.21 ausgesetzt haben. Diese Fristverlängerung setzt aber u. a. voraus, dass die Nutzer bis zum 30.9.20 (in einigen Bundesländern 31.8.20) den neuen Vorschriften entsprechende Aufzeichnungssysteme bestellt haben. „Daher besteht für Nutzer, die jetzt noch kein § 146a AO-konformes System besitzen, akuter Handlungsbedarf“, so Michael Schwindt, ebenfalls Steuerstrafrechtler bei Flick Gocke Schaumburg. „Die Bestellung ist in geeigneter Weise zu dokumentieren und aufzubewahren. Ansonsten gilt die Fristverlängerung nicht.“ Bei Nutzung eines „Alt-Systems“ über den 30.9.20 hinaus drohe dann die Ahndung mit einem Bußgeld von bis zu 25 000 Euro.

Herstellern elektronischer Aufzeichnungssysteme gewähren die Ländererlasse keinen zeitlichen Aufschub. Dabei gibt es aus Entwicklersicht viele offene Fragen, auch technischer Natur, die nicht in den gesetzeskonkretisierenden Verordnungen und Erlassen zu § 146a AO beantwortet werden. Gleichzeitig aber ist das gewerbsmäßige Inverkehrbringen oder Bewerben von elektronischen Aufzeichnungssystemen, Software für elektronische Aufzeichnungssysteme und TSE, die nicht § 146a AO entsprechen, untersagt. „Verstöße können als so genannte Steuergefährdung mit einem Bußgeld von bis zu 25 000 Euro geahndet werden“, so Höpfner. „Kommt es infolge der Verwendung eines nicht gesetzeskonformen Systems zu einer Steuerverkürzung, droht gar die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens.“

Letztlich könne Nutzern und Herstellern elektronischer Aufzeichnungssysteme nur geraten werden, ihr Bemühen um Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben zu dokumentieren, so die Empfehlung der Steuerstrafrechtler. „Der Vorwurf leichtfertigen Verhaltens, der Mindestvoraussetzung für die Verhängung eines Bußgeldes ist, kann so vermieden werden“, erklärt Schwindt. „Dazu geeignet ist die Einholung qualifizierten Rechtsrats oder aber die Abklärung mit der Finanzbehörde.“

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