Urheber- vs. Eigentumsrecht – Grenzen drohen durch neues BGH-Urteil zu verschwimmen

Am 31.10.18 verhandelte der Bundesgerichtshof (BGH) die Frage, ob Eigentümer gemeinfreier – d. h. auf Grund ihres Alters nicht mehr urheberrechtlich geschützter – Werke gleichwohl das Fotografieren der Werke sowie die Veröffentlichung der Fotos verbieten können (Az.: I ZR 104/17). Im zu entscheidenden Fall hatte ein Besucher der Mannheimer Reiss-Engelhorn-Museen zum einen gemeinfreie Werke im Museum selbst fotografiert und zum anderen Fotos solcher Werke aus einem Museumskatalog eingescannt und diese jeweils im Internet veröffentlicht.

Die Vorinstanzen untersagten das. Die Fotos in dem Museumskatalog genössen gemäß § 72 UrhG auch als Reproduktionsfotografien urheberrechtlichen Schutz. Die von dem Besucher selbst angefertigten Fotos verletzten demgegenüber das Eigentumsrecht an den Kunstwerken. Dieses umfasse nicht nur das Recht, das Fotografieren an sich zu verbieten, sondern auch das Recht, die Erträge aus der Verwertung von Aufnahmen zu ziehen. Dabei stützte sich das Berufungsgericht auf die so genannte Sanssouci-Rechtsprechung des BGH. Demnach hat ein Grundstückseigentümer das ausschließliche Recht zur Anfertigung und Verwertung von Fotografien der auf seinem Grundstück befindlichen Gebäude und Gartenanlagen, sofern diese von seinem Grundstück aus fotografiert wurden (Urteil v. 1.3.13, Az.: V ZR 14/12 – Sanssouci II). Von einer allgemein zugänglichen Stelle dürfen Werke an öffentlichen Plätzen indes auf Grund der so genannten Panoramafreiheit gemäß § 59 UrhG u. a. frei fotografiert werden. Das Berufungsgericht übertrug diese Grundsätze nun auf gemeinfreie Kunstwerke in einem Museum und argumentierte, das Eigentumsrecht differenziere nicht zwischen beweglichen Sachen und Immobilien.

„Offen ist nach der Verhandlung, ob der BGH nicht nur seine Sanssouci-Rechtsprechung trotz Kritik hieran aufrechterhält, sondern sie sogar auf gemeinfreie bewegliche Sachen ausdehnt“, erläutert Daniel Kendziur, Experte für Urheberrecht der internationalen Wirtschaftskanzlei Simmons & Simmons. „Dann drohen die Grenzen zwischen Eigentums- und Urheberrecht zu verschwimmen.“ Auf der anderen Seite stehe die Sorge der Museen, ihre Anziehungskraft zu verlieren, wenn die von ihnen ausgestellten gemeinfreien Exponate beliebig fotografiert und für jedermann im Internet zugänglich gemacht werden könnten. Einigermaßen wahrscheinlich ist indes, dass der BGH die Frage hinsichtlich der eingescannten Katalogfotos so wie die Vorinstanzen beurteilt. „Dafür spricht, dass in der Tat kaum einzusehen wäre, dass das Urheberrecht grundsätzlich auch einfache Urlaubsschnappschüsse schützt, mitunter aufwendig hergestellten Reproduktionsfotos dieser Schutz aber nicht zuteilwerden soll“, so Kendziur.

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