Share-Deal – Finanzminister wollen „Lücke“ schließen

Erwirbt man als Privatperson in Deutschland Baugrund oder eine fertige Immobilie, so wird – je nach Bundesland – bis zu 6,5% Grunderwerbsteuer fällig. Bei Immobilientransaktionen, die im Regelfall auch der Grunderwerbsteuer unterliegen, kann diese Steuerlast jedoch mittels eines Share-Deals verringert oder gar ganz vermieden werden. Dem Staat entgehen dadurch schätzungsweise mehr als eine Milliarde Euro pro Jahr. Kein Wunder also, dass die Finanzminister der Länder dieses „Schlupfloch“ schließen wollen. Welche Folgen das für die Branche haben dürfte, erläutert John Büttner, Steuerrechtler bei FPS Rechtsanwälte in Frankfurt.

 Die derzeitige Grundregelung im Grunderwerbsteuergesetz sieht verschiedene Konstellationen vor, die Grunderwerbsteuer auslösen können. So kann ein Gesellschafterwechsel bei einer Personengesellschaft i. H. v. mindestens 95% innerhalb von fünf Jahren Grunderwerbsteuer auslösen. Auch der Erwerb von mindestens 95% der Gesellschaftsanteile an einer Personen- oder Kapitalgesellschaft löst Grunderwerbsteuer aus. Gleiches gilt für einen Rechtsvorgang, der zum Innehaben einer mindestens 95%-igen wirtschaftlichen Beteiligung an einer Personen- oder Kapitalgesellschaft führt.

Wird diese 95%-Grenze nicht erreicht – wie im Fall des Share-Deals, bei dem weniger als 95% von einem Käufer und mehr als 5% von einem weiteren Käufer erworden werden –, wird grundsätzlich auch keine Grunderwerbsteuer ausgelöst. Kaum verwunderlich also, dass die Länder den für sie unliebsamen Zustand beseitigen möchten – denn die Grunderwerbsteuer ist eine ihrer wichtigsten Einnahmequellen. In der Finanzministerkonferenz vom 21.6.18 haben sich die Politiker daher auf verschiedene Maßnahmen verständigt:

1. Sehen die Vorschriften des Grunderwerbsteuergesetzes eine Fünfjahresfrist vor, soll diese auf zehn Jahre verlängert werden. 2. Bei sämtlichen Ergänzungstatbeständen soll die relevante Beteiligungshöhe von mindestens 95% auf mindestens 90% der Anteile abgesenkt werden. 3. Bei Kapitalgesellschaften mit inländischen Grundstücken soll zudem ein Ergänzungstatbestand betreffend eines 90%-igen Gesellschafterwechsels innerhalb von zehn Jahren eingeführt werden.

Wie die zeitlichen Übergangsregelungen ausgestaltet werden und ab wann die ggf. kommenden Neuregelungen anzuwenden sind, ist derzeit allerdings noch unklar. Wegen des Vertrauensschutzes in die bestehende Rechtslage dürfte es aber wahrscheinlich sein, dass erst das Vorliegen eines konkreten Gesetzesentwurfs bzw. dessen Einbringung in den Bundestag oder den Bundesrat als Stichtag für die Anwendung einer Neuregelung in Frage kommt – wenn überhaupt.

Zu erwartende Folgen

Dass die Reformbestrebungen nicht nur darauf abzielen, eine „Lücke“ zu schließen, liegt auf der Hand. Zu vermuten ist, dass die Reform dazu führen wird, die Zahl der Share-Deals zurückgehen und die Steuereinnahmen steigen zu lassen. Dass ein höheres Grunderwerbsteueraufkommen bei Schließung der Lücke durch eine Absenkung der Grunderwerbsteuersätze wieder an die Investoren weitergegeben wird, ist jedoch noch nicht absehbar. Zumal dies auch Sache der jeweiligen Bundesländer wäre. Denn sie legen die Grunderwerbsteuersätze seit September 2006 selbst fest. Hier sprechen die Zahlen eine klare Sprache: Von ursprünglich 3,5% haben 14 der 16 Bundesländer den Grunderwerbsteuersatz mittlerweile auf bis zu 6,5% erhöht. Angesichts der teilweise starken Erhöhungen der Steuersätze in den vergangenen zehn Jahren liegen die Steuereinnahmen der Länder insofern auf einem historisch sehr hohen Niveau. Dieses Niveau gilt es offensichtlich zu halten – oder aber auch weiter zu erhöhen.

Abzuwarten bleibt, ob und inwiefern tatsächlich auch private Immobilienkäufer in Form einer Steuerentlastung profitieren werden – losgelöst von den verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die geplanten Neuregelungen.

Investoren dürften stärker belastet werden

Eher absehbar sind die Folgen für institutionelle Investoren. Der so genannte Asset-Deal dürfte durch eine Absenkung der Beteiligungsgrenzen sicher wieder an Bedeutung gewinnen. Zudem würden durch die beabsichtigten Maßnahmen Umstrukturierungen erschwert. Für die Investoren wird daher unter dem Strich eine wirtschaftliche Mehrbelastung stehen.

In der Gesamtschau dürften die Neuregelungen für den deutschen Immobilienmarkt eher nachteilig sein. Nicht zuletzt deshalb, da Share-Deals im internationalen Wettbewerb zum Standard gehören und in der Immobilienbranche ein gängiges Instrument sind. Hinzu kommt, dass Deutschland bei den Grunderwerbsteuersätzen mit durchschnittlich rd. 5,4% im europäischen Vergleich bereits zu den Spitzensteuerländern gehört. So erhebt beispielsweise das Nachbarland Österreich (nur) eine Grunderwerbsteuer in Höhe von 3,5%. Die Grunderwerbsteuerbelastung in Österreich beträgt bei Durchführung einer Share-Deal-Transaktion sogar nur 0,5%.

Noch abzuwarten bleibt unterdessen, ob und inwiefern offene Immobilienfonds von den beabsichtigten Änderungen profitieren. Auf Grund der fungiblen Anteilserwerbs- und Rückgabemöglichkeiten in die Assetklasse können Investoren zwar in Immobilien investieren, ohne direkt von der Grunderwerbsteuer betroffen zu sein – doch für denjenigen, der Büroraum benötigt oder den Erwerb eines Eigenheims plant, wäre dies zweifellos die ungünstigste Alternative, um einer wirtschaftlichen Mehrbelastung aus dem Weg zu gehen.

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