Air Berlin – Insolvenzverwalter lässt Haftung von Stammaktionärin gerichtlich prüfen
Am 25.6.21 hat Air Berlin-Insolvenzverwalter Lucas F. Flöther (Flöther & Wissing) in Abstimmung mit dem Gläubigerausschuss Klage gegen die Clearstream Banking AG beim Landgericht Frankfurt a. M. eingereicht.
Aus Sicht Flöthers ist die nach englischem Recht gegründete Air Berlin PLC nach dem Brexit wie eine deutsche Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu behandeln – mit Folgen für die Haftung der Clearstream Banking AG als eingetragene Aktionärin der Air Berlin PLC. „Nach unserer Rechtsauffassung haftet die Clearstream Banking AG infolge des Brexit als persönlich haftende Gesellschafterin für die Verbindlichkeiten der Air Berlin PLC“, so Flöther. „Vor dem Hintergrund dieser historisch neuen Konstellation und deren Bedeutung für die Gläubiger habe ich in Abstimmung mit dem Gläubigerausschuss entschieden, diese Frage gerichtlich klären zu lassen.“ Mit der eingereichten Klage fordert Flöther von Clearstream Banking zudem die Zahlung von rund 497,8 Mio. Euro. Dies entspricht der Höhe der bislang zur Insolvenztabelle festgestellten Forderungen der Gläubiger der Air Berlin PLC.
Zum Hintergrund: Seit dem 1.1.21 gilt für nach englischem Recht gegründete Gesellschaften mit Satzungssitz in England nicht mehr der EU-rechtliche Grundsatz der Niederlassungsfreiheit. Die nach englischem Recht gegründete Air Berlin PLC, die ihren Verwaltungssitz in Berlin hat, wird damit nach Auffassung des Insolvenzverwalters nach deutschem Gesellschaftsrecht nicht mehr als englische Public Limited Company anerkannt. Stattdessen müsse sie in eine deutsche Gesellschaft bürgerlichen Rechts umqualifiziert und gesellschaftsrechtlich entsprechend behandelt werden. Daraus ergebe sich ein geändertes Haftungsregime: Clearstream Banking ist als Inhaberin der auf ihren Namen lautenden Stammaktien („ordinary shares“) der Air Berlin PLC im Aktionärsregister der Air Berlin PLC im Vereinigten Königreich (Register of Members) eingetragen. Sie hält die Stammaktien für die Anleger, die Berechtigungen an den Aktien der Air Berlin PLC erworben haben und diese in Wertpapierdepots halten. Nach Auffassung des Insolvenzverwalters ist Clearstream Banking nun nach deutschem Gesellschaftsrecht als persönlich (und damit unbeschränkt) haftende Gesellschafterin der Air Berlin zu betrachten.
Zudem haben Flöther und das Board of Directors der Air Berlin PLC die Frankfurter Wertpapierbörse aufgefordert, Maßnahmen im Hinblick auf eine Beendigung des Handels der Air Berlin-Aktie im dortigen regulierten Markt zu prüfen.
ARTIKEL DIESER AUSGABE
Relaunch – Aus PLATOW Recht wird PLATOW Legal + Finance
Seit nunmehr 13 Jahren schlägt PLATOW Recht 14-tägig die Brücke zwischen Kanzleien und Entscheidern aus Wirtschaft, Politik und Finanzen. Dem PLATOW Brief beigelegt, berichten wir über... mehr
Kartellverstoss – Daimler entgeht mit Gleiss Lutz Bussgeldzahlung
Am 8.7.21 hat die EU-Kommission einen Kartellverstoß der Autobauer BMW, Volkswagen und Daimler bei der Abgasreinigung für Dieselfahrzeuge im EWR festgestellt. Auf BMW und Volkswagen... mehr
Coinbase erhält mit Eversheds erste deutsche Kryptoverwahrlizenz
Am 28.6.21 hat die BaFin der Kryptobörse Coinbase als erstem Unternehmen in Deutschland die Lizenz für den Eigenhandel und die Kryptoverwahrung erteilt. mehr
Stada übernimmt mit Linklaters Sanofi-Portfolio
Das Pharmaunternehmen Stada übernimmt vom Wettbewerber Sanofi ein Portfolio von 16 Marken aus dem europäischen Consumer-Healthcare-Segment, u. a. Erkältungs- und Grippemittel sowie... mehr
Scrip Dividend – Alternative in unsicheren Zeiten
Emittenten stehen in Zeiten größerer Marktunsicherheit oft vor einer schwierigen Entscheidung: Zahlen sie aus dem erwirtschafteten Bilanzgewinn die gewohnte oder erwartete Dividende... mehr
Wie lässt sich Vermögen krisenfest machen?
Aktien, Anleihen, Private Equity, Immobilien und Cash sind laut dem Global Family Office Report 2020 die beliebtesten Investitionsanlagen für Family Offices. Aber bedeutet beliebt auch... mehr
Ashurst holt Verstärkung für deutsche Financial-Regulatory-Praxis
Die Wirtschaftskanzlei Ashurst verstärkt das deutsche Financial-Regulatory-Team mit einem Neuzugang auf Partnerebene. mehr
Allen & Overy gewinnt neuen PE-Partner für Münchener Büro
Zum 1.7.21 begrüßte die Sozietät Allen & Overy einen neuen Partner für die Münchener Private Equity-Praxis. mehr
Beiten Burkhardt verstärkt sich im Kartellrecht
Zum 1.8.21 baut Beiten Burkhardt das Frankfurter Büro mit einer neuen Equity Partnerin aus. mehr