Gastbeitrag

Nachfolgeplanung – Renaissance der Familienstiftung

Maren Gräfe, Berndt Zinnöcker und Herbert Bischof
Maren Gräfe, Berndt Zinnöcker und Herbert Bischof © BDO Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

Viele Unternehmer schrecken vor Stiftungen als Holding bzw. Nachfolgerin für ihre operativen Unternehmen zurück. Die Stiftung trenne Familie und damit Inhaber vom Unternehmen, das Vermögen sei unwiderruflich weg und die Stiftung starr und unbeweglich – kurz: Das passe nicht zum Unternehmertum. Warum Stiftungen für Unternehmerfamilien dennoch sinnvoll sein können und wann auch ein Blick über die Grenze lohnt, erläutern Maren Gräfe (BDO Deutschland), Berndt Zinnöcker (BDO Österreich) und Herbert Bischof (BDO Liechtenstein).

Das seit dem 1.7.16 reformierte Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz hat die Regeln für die Unternehmensübergabe dras-tisch verschärft: Wird ein Anteil an einem Familienunternehmen übertragen, dessen Wert bis zu 26 Mio. Euro beträgt, so ist grundsätzlich eine sachliche Steuerbefreiung zu 100 bzw. 85% möglich. Wird jedoch ein größerer Unternehmensanteil übertragen, so schmilzt der 85%ige bzw. 100%ige Verschonungsabschlag ratierlich ab. Das führt – verkürzt gesagt – dazu, dass ab einem unternehmerischen Wert von 90 Mio. Euro im Kern erstmal die Zahlung der vollen Steuer fällig ist.

Zwar besteht die Möglichkeit einer so genannten Verschonungsbedarfsprüfung, d. h. einem Antrag auf eine Art Steuererlass. Erlasswürdig ist aber nur ein Erwerber, der die Steuer ganz oder teilweise nicht bezahlen kann. Zugrundegelegt wird dabei sein „verfügbares Vermögen“, das zur Hälfte zur Bezahlung der Steuer eingesetzt werden muss, z. B. vorhandenes oder mitgeerbtes Privatvermögen. Auch das führt also zu einer wahren Wertevernichtung von Familienvermögen.

Wer kann nun als „armer“ Unternehmenserwerber eingesetzt werden? Das können zum einen kleine Kinder ohne Vermögen sein – aus strategischen Gesichtspunkten vermutlich nicht die beste Wahl. „Arm“ sind aber auch Familienstiftungen als Erwerber für Unternehmensbeteiligungen. Denn diese haben neben der Beteiligung nur ihr Kapital, das recht klein gehalten werden kann (da kein gesetzliches Mindestkapital vorgesehen ist, i. d. R. rund 50 000 Euro). Gegebenenfalls kann die Stiftung auch als Erbin das Privatvermögens des Erblassers fungieren.

Deutsche Familienstiftung – Rechtliche Grundlagen

Erforderlich ist dafür die Gründung einer echten rechtsfähigen Stiftung mit selbständiger Vermögensmasse, nicht lediglich einer unselbständigen treuhänderischen Stiftung. In der Satzung wird der Stiftungszweck dahingehend formuliert, dass die Familie gefördert werden soll. Hierbei sollte von vornherein auf eine saubere Formulierung des Zwecks und der Begünstigten geachtet werden, damit man später nicht etwa die Satzung wieder anfassen muss. Der Stifter (z. B. Senior des Familienunternehmens) und weitere Familienmitglieder können im geschäftsführenden Organ der Stiftung, dem Stiftungsvorstand, operieren und so letztlich den Familieneinfluss auf die Stiftung und mithin das operative Unternehmen sicherstellen. Die Familienstiftung bricht also nicht mit allen unternehmerischen Bindungen.

Neben den erbschaftsteuerlichen Vorteilen, nämlich, dass diese Stiftung bei Erwerb der Unternehmensbeteiligung den Erlassantrag nach § 28 a ErbStG stellen kann und letztlich (unter der Voraussetzung der Einhaltung weiterer Vorgaben) eine fast vollständige Nullsteuer erreichen kann, sind aber auch die weiteren steuerlichen Folgen in den Blick zu nehmen: Erträge aus der Beteiligung führen auf Ebene der Stiftung zu einer entsprechenden Belastung mit Körperschaftsteuer, gegebenenfalls auch mit Gewerbesteuer wie bei jeder anderen Holding auch. Für Dividenden und Veräußerungsgewinne gilt allerdings grundsätzlich die Steuerfreistellung. Dies gilt aber bei Dividenden nur bei einer Beteiligung von mindestens 10%. Fraglich ist, ob der Gesetzgeber diese Hürde auch noch für den Bereich der Veräußerung einführen wird. Ausschüttungen aus der Stiftung sollten nach derzeitiger überwiegender Auffassung auf Ebene des Stifters bzw. der Begünstigten zu Kapitaleinkünften führen, die der Abgeltungssteuer unterliegen.

Wichtig zu wissen: Alle 30 Jahre wird bei einer deutschen Familienstiftung der Erbfall simuliert. Die dabei greifende Erbersatzsteuer tut so, als würde das Vermögen auf eine neue Stiftung übergehen. Je nachdem, was sich der Gesetzgeber in Zukunft einfallen lässt, könnte das wehtun.

Blick über die Grenze – Alternative Österreich

Bei der Nachfolgeplanung lohnt auch ein Blick in die Nachbarländer. Eine mögliche Alternative stellt die Gründung einer österreichischen Privatstiftung dar. Im Gegensatz zu anderen Rechtsordnungen (z. B. Schweiz) kann eine österreichische Privatstiftung zu jedem erlaubten Zweck, auch zur Selbstbegünstigung des Stifters, errichtet werden. Es muss ihr ein Vermögen von zumindest 70 000 Euro in bar oder in Sachwerten (z. B. Unternehmensbeteiligung) gewidmet werden.

Zwingendes Organ ist der Stiftungsvorstand. Dieser muss aus mindestens drei natürlichen Personen bestehen, mindes-tens zwei davon müssen in einem EU- oder EWR-Staat ansässig sein. Begünstigte und deren nahe Angehörige (also meist auch der Stifter) sind von dieser Funktion ausgeschlossen. Das ist also erstmal ein Rückschlag für das Ziel des familiären Einflusses. Es besteht jedoch die Möglichkeit, einen mit Familienmitgliedern besetzten Beirat einzurichten, welchem in der Stiftungsurkunde entsprechende Kompetenzen und Zustimmungsvorbehalte eingeräumt werden können. Wichtig ist in jedem Fall, dass die Entscheidungen physisch vor Ort in Österreich getroffen werden. Ansonsten handelt es sich unter Umständen um eine doppelt ansässige Stiftung, was zu einer Doppelbesteuerung führen kann.

Sowohl inländische und ausländische Vermögenswidmungen anlässlich der Gründung der Stiftung als auch spätere Vermögenszuflüsse in eine österreichische Privatstiftung sind von der Stiftungseingangsteuer in Höhe von (grundsätzlich) 2,5% umfasst. Allerdings gibt es insbesondere bei der Bewertung von Unternehmensanteilen Spielraum. Die Privatstiftung unterliegt mit ihren Einkünften der österreichischen Körperschaftsteuer oder Zwischenkörperschaftsteuer (25%). Im Wesentlichen werden Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen und Einkünfte aus Kapitalvermögen der Zwischenkörperschaftsteuer unterworfen. Dividenden sind jedoch unabhängig von der Beteiligungshöhe steuerbefreit (dies ist also ein Vorteil gegenüber Deutschland). Gewinnanteile aus operativen deutschen Personengesellschaften (z. B. GmbHs) unterliegen grundsätzlich in Deutschland der Besteuerung. Das Doppelbesteuerungsabkommen Österreich-Deutschland sieht für diese Gewinnanteile eine Befreiung in Österreich vor. Hier ist auch bei anderen Ländern auf das jeweils abgeschlossene Doppelbesteuerungsabkommen abzustellen. Der größte Vorteil der österreichischen Privatstiftung: Im Unterschied zu Deutschland gibt es in Österreich keine Erbschaftsteuer mehr und damit auch keine Erbersatzsteuer.

Blick über die Grenze – Alternative Liechtenstein

Liechtenstein hat mit seinem zwischen 2001 und 2008 umfassend reformierten Stiftungszivilrecht neue solide Maßstäbe gesetzt. Hier sollte bitte nicht an ein Vehikel zur Steuervermeidung gedacht werden. Die Liechtensteiner Stiftung kann wie in Deutschland als privatnützige Stiftung zugunsten des Stifters und/oder dessen Familie gegründet werden. Sie wird durch eine beglaubigte Stiftungserklärung unter Beifügung einer Satzung errichtet und muss mit einem Mindestkapital von 30 000 CHF ausgestattet werden. Bei einer reinen Familienstiftung ist eine Eintragung ins Handelsregister nicht erforderlich, lediglich eine Gründungsanzeige muss hinterlegt werden.

Zwingendes und geschäftsführendes Organ ist der Stiftungsrat, der aus mindestens zwei Mitgliedern bestehen muss. Dies können auch Ausländer mit Sitz in der ganzen Welt sowie juristische Personen sein. Mindestens ein Stiftungsrat muss jedoch in einem EU- oder EWR-Staat ansässig sein und über eine Treuhänderbewilligung oder eine Zulassung als Person nach Art. 180 a Personen- und Gesellschaftsrecht (PGR) verfügen. Darüber hinaus können aber auch Stifter und die Begünstigten aus stiftungsrechtlicher Sicht in Liechtenstein Organe stellen. Vorsicht ist aber aus deutsch-steuerlicher Sicht geboten. Zudem müssen Entscheidungen aus den gleichen Gründen wie bei der österreichischen Privatstiftung in Liechtenstein getroffen werden.

Die Übertragung von Vermögenswerten zugunsten der Liechtensteiner Stiftung hat in Liechtenstein keine steuerlichen Folgen. Auch Umstrukturierungen und Auflösungen sind steuerneutral möglich. Laufend unterliegt die Liechtensteiner Stiftung mit ihren Einkünften einer sehr günstigen Besteuerung von 12,5% des Reinertrags mit weiteren Privilegien oder sogar bis zu 0% im Falle von Unternehmensbeteiligungen. Auskehrungen an in Deutschland lebende Bezugsberechtigte unterliegen zudem keiner Quellensteuer. Ein weiterer großer Vorteil ist wie in Österreich die fehlende Erbersatzsteuer.

Steuerliche Folgen in Deutschland

Entscheidet sich eine Familie für die Gründung einer Stiftung nach österreichischem bzw. liechtensteinischem Recht, ist der deutsche Fiskus natürlich nicht völlig außen vor. Zunächst ist die steuerliche Akzeptanz der Stiftung als abschirmender Rechtsträger aus deutsch-steuerlicher Sicht per verbindlicher Auskunft zu klären. Hier besteht ansonsten die Gefahr der laufenden Hinzurechnungsbesteuerung nach § 15 AStG für die Begünstigten. Bei der Frage der Besteuerung der Begünstigten im Falle von Auskehrungen hat der Bundesfinanzhof (BFH) im August diesen Jahres entschieden, dass diese grundsätzlich keiner doppelten Besteuerung mit Einkommen- und Schenkungsteuer unterworfen sind. Die unentgeltliche Übertragung einer Unternehmensbeteiligung sowie anderer Wirtschaftsgüter sollte grundsätzlich mangels Veräußerung keine ertragsteuerlichen Folgen auslösen. Auch diese Fragen sollten aber – wie bei einer deutschen Familienstiftung – im Einzelfall dezidiert mit der Finanzverwaltung abgestimmt werden.

Fazit

Es zeigt sich also, dass die Stiftung aus steuerlicher Sicht bei der Nachfolgeplanung großer Unternehmenswerte eine sinnvolle Alternative sein kann. Im Vergleich zur deutschen Familienstiftung erfordern die vergleichbaren ausländischen Spielarten zwar vor der Gründung einen erhöhten Abstimmungsbedarf mit der deutschen Finanzverwaltung. Aber dafür gibt es nicht alle 30 Jahre einen simulierten schenkungsteuerpflichtigen Generationenwechsel mangels Erbersatzsteuer. Zudem könnte dies auch vor dem Hintergrund neuer Vermögenssteuerpläne in Deutschland von Vorteil sein.

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