Gastbeitrag

Außenwirtschaftsrecht vor weiterer Verschärfung

Matthias Horbach und Holger Hofmeister
Matthias Horbach und Holger Hofmeister © Skadden, Arps, Slate, Meagher & Flom LLP

_ Wollen Unionsfremde ein in Deutschland tätiges Unternehmen kaufen, umfasst die ordnungsgemäße Vorbereitung bereits seit längerem Überlegungen zu einer möglichen Investitionsprüfung durch das Bundeswirtschaftsministerium oder andere zuständige Behörden. Bereits 2019 wurden die entsprechenden Regelungen verschärft. Durch die nunmehr geplante weitere Verschärfung des Außenwirtschaftsrechts kommt der Investitionsprüfung eine weiter steigende Bedeutung zu. Das betrifft sowohl das „Ob“ als auch das „Wie“ einer Transaktion, erläutern Matthias Horbach und Holger Hofmeister, Partner bei Skadden, Arps, Slate, Meagher & Flom.

Ende März 2020 hat die Bundesregierung ein „Erstes Gesetz zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes (AWG) und anderer Gesetze“ im Entwurf vorgelegt. Im Wesentlichen geht es darum, das AWG an die so genannte EU Screening Verordnung (Verordnung (EU) 2019/452 v. 19.03.2019) anzupassen. Darüber hinaus werden insbesondere die so genannte schwebende Unwirksamkeit von einem Vollzug dienenden Rechtsgeschäften ausgeweitet und konkrete Vollzugsmaßnahmen verboten und unter Strafe gestellt. Die Änderung der Außenwirtschaftsverordnung (AWV) mit den für die Praxis wichtigen Regelungen zum Prüf-/Freigabeverfahren und zur Bestimmung einschlägiger Aktivitäten (insbesondere „kritischer Technologien“) wird separat erfolgen und ist ebenfalls in Bearbeitung.

Geplante Neuregelungen des AWG

Der von der Bundesregierung beschlossene Entwurf zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes gleicht im Wesentlichen unverändert dem Referentenentwurf. Beibehalten wurde damit vor allem die auch von Verbandsseite als zu unbestimmt kritisierte Neufassung des maßgeblichen Prüfkriteriums. Denn nach § 5 Abs. 2 AWG n. F. geht es – in Übereinstimmung mit der EU Screening Verordnung – nur noch um eine „voraussichtliche Beeinträchtigung“ der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit und nicht mehr um ihre „tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung“. Im Übrigen erstreckt sich die Investitionsprüfung nicht mehr nur auf eine inländische Beeinträchtigung, sondern auch auf Beeinträchtigungen in anderen EU-Staaten.

Erwähnenswert ist des Weiteren die in § 15 Abs. 3 AWG n. F. vorgesehene Anordnung der schwebenden Unwirksamkeit für alle und nicht mehr nur bestimmte dem Vollzug einer meldepflichtigen Transaktion dienenden Rechtsgeschäfte. Die schwebende Unwirksamkeit wird ergänzt durch konkrete, bisher gänzlich fehlende Sanktionierungen. So verbietet § 15 Abs. 4 AWG n. F. während der Schwebephase bestimmte Vollzugsmaßnahmen wie etwa die Ermöglichung der Stimmrechtsausübung für den Erwerber, und zwar auch mittelbar z. B. durch Stimmrechtsvereinbarungen, Weisungen oder vergleichbare Handlungen und die Offenlegung bestimmter Informationen gegenüber dem Erwerber. Für Zuwiderhandlungen ordnet § 18 Abs. 1b AWG n. F. die Bestrafung mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe an.

Erhöhte Unsicherheit und Risiken für die Praxis

Das Prüfkriterium der „voraussichtlichen Beeinträchtigung“ der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit bedeutet zunächst eine erhöhte Unsicherheit für die Transak-tionsbeteiligten. Hier wird vieles von der praktischen Handhabung der Behörden abhängen. Ob es insoweit zu mehr Untersagungen bzw. weniger Transaktionen kommt, bleibt abzuwarten. Zu erwarten sind aber komplexere und längere Prüfphasen. Die Gesetzesbegründung selbst geht von einer größeren Anzahl von Prüffällen aus und davon, dass „aller Voraussicht nach mehr Fälle als früher einer intensiven, personal- und zeitaufwendigen Prüfung unterzogen werden müssen“. Bereits jetzt ist die Verfahrensdauer im konkreten Fall nicht absehbar.

Bereits seit einiger Zeit ist zu beobachten, dass im Prüfverfahren zwar keine Anordnungen erlassen werden, aber das Bundeswirtschaftsministerium entsprechende Verträge mit Erwerbern und gegebenenfalls anderen Beteiligten abschließt, um bestimmte Maßnahmen und Umstände sicherzustellen. Dieser Trend wird sich mit den geplanten Neuregelungen voraussichtlich fortsetzen und sogar verstärken. Bei den auf den – vorweggenommenen – Vollzug gerichteten verbotenen Maßnahmen ist vor allem die Einbeziehung der Informationsweitergabe zu beachten. Hier kann es im Einzelfall Abgrenzungsschwierigkeiten geben und es muss besonderes Augenmerk auf die praktische Handhabung vor allem nach bereits erfolgter fusionskontrollrechtlicher Freigabe gelegt werden.

Bringt COVID-19 weitere Verschärfungen?

Ob bzw. inwieweit die durch die COVID-19-Pandemie verursachten Verwerfungen und insbesondere die gesunkenen Aktienkurse zu weiteren Änderungen oder jedenfalls einer Verschärfung in der Anwendung der bestehenden bzw. bereits geplanten Neuregelungen führen, bleibt abzuwarten. Das Bundeswirtschaftsministerium hat dazu bereits einen Referentenentwurf für die Änderung der Außenwirtschaftsverordnung veröffentlicht, mit der die Prüfung von Investitionen im Gesundheitssektor verstärkt werden soll. Zudem hat die EU kürzlich bereits eine „Guidance“ zu der EU Screening Verordnung veröffentlicht, und Länder wie Frankreich oder Spanien haben bereits weitere Verschärfungen ihres
Investitionsrechts angekündigt.

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