Gastbeitrag

Facebook – Entschädigungen an Inhalteprüfer in den USA

_ Facebook zahlt Prüfern kritischer Inhalte in den USA Entschädigungen in Höhe von 52 Mio. US-Dollar. Der US-Internet-riese hat sich mit seinen Inhalteprüfern in den Vereinigten Staaten auf eine Entschädigungszahlung geeinigt, nachdem psychische Schäden im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit geltend gemacht wurden.

Die Beschäftigten prüfen Inhalte des sozialen Netzwerks und werden dadurch mit Gewalt, Hass und Misshandlungen konfrontiert. Hintergrund der Einigung sind die Klage einer ehemaligen Inhalteprüferin aus dem Jahr 2018 sowie eine Sammelklage. Drohen Arbeitgebern, die Arbeitnehmer mit ähnlichen Aufgaben betreuen, nun vergleichbare Zahlungsklagen in Deutschland?

„In der Bundesrepublik ist ein deliktischer Schmerzensgeldanspruch, wie gegenüber Facebook geltend gemacht, gegenüber Arbeitgebern zwar theoretisch denkbar, aber deutlich unwahrscheinlicher als in den USA“, erläutert Ines Keitel, Partnerin und Leiterin Arbeitsrecht Deutschland bei Clifford Chance. Der Unterschied liege im System: Im deutschen Recht trifft den Arbeitgeber eine vertragliche Schutzpflicht, die etwa die Einrichtung des Arbeitsplatzes und die Ausgestaltung der Tätigkeit umfasst, so dass entsprechende Schäden bereits im Vorfeld verhindert werden sollen. Kommt der Arbeitgeber dieser Pflicht nicht nach, stellt sich arbeitsrechtlich zunächst die Frage, ob der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung verweigern darf. „Ein Schmerzensgeldanspruch im Nachhinein, zumal aus Delikt, kommt im deutschen Arbeitsrecht nur in seltensten Fällen in Betracht“, so Keitel weiter. Die stärkere präventive Steuerungswirkung werde in Deutschland zusätzlich durch das öffentliche Ordnungsrecht untermauert: Das deutsche Netzwerkdurchsetzungsgesetz sieht Verhaltenspflichten für Arbeitgeber wie Facebook und Bußgelder bei Verstößen vor. Es verpflichtet die Betreiber sozialer Netzwerke u. a., ihre Mitarbeiter durch Schulungs- und Betreuungsangebote vor Schäden aus der Tätigkeit beim Prüfen und Entfernen von Gewalt- und Hassinhalten zu schützen.

US-System „begünstigt“ Klagen von Arbeitnehmern

In den USA ist ein solcher öffentlich-rechtlicher Eingriff durch Bußgelder auf Grund des so genannten First Amendment kaum denkbar. Denn dort ist das Rechtsverhältnis zwischen Arbeitgeber und -nehmer grundsätzlich Privatsache. „Hinsichtlich des Klagerisikos kommt hinzu, dass psychische Schäden, wie sie gegenüber Facebook geltend gemacht wurden, in den USA grundsätzlich nicht von der Krankenversicherung umfasst sind“, ergänzt Alicia Busch, Arbeitsrechtlerin bei Clifford Chance. „Es besteht also ein höherer Anreiz und ein dringenderes Bedürfnis, Behandlungskosten durch Klagen gegen den Arbeitgeber zu decken.“ Auch andere US-amerikanische Unternehmen wie Twitter könnten zukünftig mit solchen Klagen konfrontiert werden. In Deutschland dürften die Durchsetzungschancen deliktischer Schmerzensgeldklagen jedoch erheblich geringer sein.

 

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