Gastbeitrag

Anforderungen an Fondsmanager werden deutlich erhöht

Christoph Strelczyk und Lisa Watermann
Christoph Strelczyk und Lisa Watermann © GSK Stockmann

_ Die EU-Kommission verfolgt mit ihrem „Action Plan on Sustainable Finance“ das Ziel einer umfassenden, nachhaltigen Transformation des Wirtschafts- und Finanzsektors. Zentrale Bausteine sind die im Dezember 2019 verabschiedete Offenlegungs-Verordnung (Sustainable Finance Disclosure Regulation, SFDR) und die Taxonomie-Verordnung von Mitte Juli 2020.

Hieraus ergeben sich diverse neue Offenlegungspflichten für Finanzmarktteilnehmer u. a. zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken bei ihren Investitionen und zu den nachteiligen Auswirkungen von Investitionsentscheidungen auf sogenannte Nachhaltigkeitsfaktoren. Ein Nachhaltigkeitsrisiko ist danach vereinfacht gesagt ein Ereignis im Bereich Umwelt, Soziales oder Unternehmensführung (ESG), dessen Eintritt wesentliche negative Auswirkungen auf den Wert der Investition haben könnte, z. B. eine Überschwemmung oder eine langanhaltende Dürreperiode. Zu den insofern relevanten Nachhaltigkeitsfaktoren zählen Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmerbelange, die Achtung der Menschenrechte und die Bekämpfung von Korruption und Bestechung.

Die Offenlegungspflichten nach der SFDR treten stufenweise ab dem 10.3.21 in Kraft. Insbesondere Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVGen) haben diese künftig einzuhalten. Auf sie kommt eine Fülle neuer Anforderungen zu, und zwar sowohl bezogen auf die jeweilige KVG selbst („Unternehmensebene“) als auch bezogen auf die von ihr verwalteten Fonds („Produktebene“).

Offenlegungspflichten auf Unternehmensebene

KVGen müssen auf ihrer Website Informationen bezogen auf ihr Unternehmen veröffentlichen, und zwar insbesondere
• wie sie Nachhaltigkeitsrisiken bei ihren Investitionsent- scheidungen berücksichtigen,
• inwieweit sie messen, ob ihre Investitionsentscheidungen nachteilige Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren haben bzw. eine Begründung dafür, dass eine entsprechende Messung nicht erfolgt (comply or explain), und
• inwieweit ihre Vergütungspolitik mit der Einbeziehung von Nachhaltigkeitsrisiken im Einklang steht.

Zudem müssen KVGen innerhalb der vorvertraglichen Informationen (Verkaufsprospekt bzw. Anlegerinformation gemäß § 307 KAGB) offenlegen, wie sie Nachhaltigkeitsrisiken bei ihren Investitionsentscheidungen einbeziehen, und wie sie die Auswirkungen von Nachhaltigkeits-risiken auf die Rendite der Finanzprodukte bewerten, die sie zur Verfügung stellen. Sofern sie Nachhaltigkeitsrisiken als nicht renditerelevant erachten, ist dies zu begründen.

Offenlegungspflichten auf Produktebene

Daneben gelten ab dem 10.3.21 Offenlegungspflichten bezogen auf jeden einzelnen Fonds. Hierbei wird nach drei Kategorien von Finanzprodukten unterschieden:
1. Nicht nachhaltige Produkte verfolgen keine ESG-Ziele oder ESG-Strategien.
2. ESG-Strategieprodukte sind Produkte, mit denen ökologische oder soziale Merkmale beworben werden. Diese haben aber keine nachhaltigen Investitionen zum Ziel.
3. Impact-Produkte haben nachhaltige Investitionen zum Ziel.
Bei allen Fonds ist – neben den schon dargestellten Hinweisen zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken – künftig im Verkaufsprospekt bzw. im Informationsdokument nach § 307 KAGB spätestens zum 30.12.22 anzugeben, ob – und wenn ja wie – auf Ebene des Fonds die wichtigsten nachteiligen Auswirkungen von Investitionsentscheidungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren (sog. Principle Adverse Impacts) berücksichtigt werden. Soll keine solche Angabe erfolgen, müssen die vorvertraglichen Informationen schon ab dem 10.3.21 auf diesen Umstand hinweisen und eine Begründung dafür enthalten.

Über diese Anforderung hinaus gelten für ESG-Strategieprodukte und für Impact-Produkte weitere Offenlegungspflichten: In den vorvertraglichen Informationen ist anzugeben, welches ESG-Merkmal bzw. welches nachhaltige Investitionsziel verfolgt und wie dieses erfüllt wird. Sofern es sich um einen Indexfonds handelt, ist offenzulegen, wie der Index mit dem beworbenen ESG-Merkmal vereinbar ist bzw. wie der Index auf das verfolgte nachhaltige Ziel ausgerichtet ist. Hinzu kommen weitere Informationspflichten auf der Website, insbesondere eine (erweiterte) Beschreibung der ökologischen und/oder sozialen Merkmale oder des nachhaltigen Investitionsziels und deren Bewertungsmethoden. Wird mit einem Impact-Produkt die Reduktion von CO2-Emissionen angestrebt, sind zudem ausführliche Erläuterungen zur Verwirklichung der Klimaziele des Übereinkommens von Paris obligatorisch.

Ferner ist bei Impact- sowie ESG-Strategieprodukten in den vorvertraglichen Informationen (und ab 2022 auch in den regelmäßigen Berichten) auch über die angestrebten Umweltziele gemäß der Taxonomie-VO zu informieren und anzugeben, zu welchem Anteil die vom Fonds getätigten Investitionen gemäß der Taxonomie ökologisch nachhaltig sind.

Die neuen Transparenzpflichten der SFDR sind auch auf Bestandsfonds anwendbar. Sind diese noch im Vertrieb, sind alle Vorgaben der SFDR einzuhalten, insbesondere bei vorvertraglichen Informationen. Bei Fonds, die sich nicht mehr im Vertrieb befinden, ist keine Anpassung der vorvertraglichen Informationen nötig. Soweit ein Bestandsfonds als ESG-Strategieprodukt oder als Impact-Produkt qualifiziert, sind darüber hinausgehend und unabhängig von einer etwaigen Vertriebstätigkeit zum 10.3.21 die Transparenzvorgaben hinsichtlich der Website und der Jahresberichterstattung zu beachten.

Fazit

Die Anwendung der neuen Offenlegungspflichten in der Praxis ist noch mit diversen Auslegungsfragen und Unsicherheiten behaftet. Hier sind Berater und Aufsichtsbehörden gefragt, pragmatische Lösungen zu finden. Unabhängig davon ist zu erwarten, dass der Gesetzgeber und die Aufsichtsbehörden weitere Vorgaben verabschieden bzw. veröffentlichen werden. In jedem Fall wird es noch umfangreiche Konkretisierungen der Offenlegungspflichten im Wege „Regulatorischer Technischer Standards“ geben, zu denen die European Supervisory Authorities (ESAs) im Februar 2021 einen Final Report veröffent-licht haben. Diese werden voraussichtlich ab 1.1.22 gelten.

Christoph Strelczyk ist Partner im Hamburger Büro der Wirtschaftskanzlei GSK Stockmann. Lisa Watermann ist Counsel im Münchener Büro.

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