Gastbeitrag

Finanzanlagenvermittler unter Kontrolle der BaFin

Alexander Lehnen und Nadejda Kysel
Alexander Lehnen und Nadejda Kysel © Arnecke Sibeth Dabelstein

Derzeit wird die Tätigkeit der ca. 38 000 Finanzanlagenvermittler durch die Gewerbeämter und die Industrie- und Handelskammern (IHKs) beaufsichtigt. Auf Grund dieser Zersplitterung der Aufsicht sieht der Koalitionsvertrag deren Übertragung auf die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) vor, um eine einheitliche und qualitativ hochwertige Finanzaufsicht zu erreichen. Alexander Lehnen und Nadejda Kysel, Partner der Wirtschaftskanzlei Arnecke Sibeth Dabelstein, erläutern die Hintergründe.

Das Bundesministerium der Finanzen und das Bundesminis-terium für Justiz und Verbraucherschutz haben am 23.7.19 ein gemeinsames Eckpunktepapier mit neuen Regeln für die Aufsicht der Finanzanlagenvermittler in Deutschland vorgestellt. Die Erlaubnis wird zukünftig gesetzlich im Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) geregelt werden, die bisherigen Erlaubnisvoraussetzungen und die Regelungen der Finanzanlagenvermittlerverordnung (FinVermV) – letztere werden aktuell überarbeitet – sollen dort unverändert aufgenommen werden. Die Finanzanlagendienstleister – als solche werden Vermittler und Honorarberater im neuen Gesetz gruppiert – sollen weiterhin eine eigenständige Aufsichtskategorie bilden. Die bestehenden Erlaubnisse nach Gewerbeordnung (GewO) sollen zunächst weiter gelten, aber in einem Zeitraum von zwei bis maximal fünf Jahren durch die dann zuständige BaFin überprüft werden.

Verschiedene Untergruppen

Die bisherigen Finanzanlagenvermittler und Honorarberater sollen in die Gruppen Finanzanlagendienstleister mit eigener Erlaubnis (z. B. für den Strukturvertrieb), Vertriebsgesellschaften mit erweiterten Anforderungen und vertraglich gebundene Vermittler ohne eigene Erlaubnis eingeteilt werden. Letztere sind i. d. R. kleine Einzelunternehmen, die ausschließlich auf Rechnung und unter Haftung einer Vertriebsgesellschaft tätig werden, die ihrerseits über eine Erlaubnis verfügt. Voraussetzung ist, dass der für ein Haftungsdach erforderliche Versicherungsschutz am Markt erhalten bleibt. Noch offen ist, ob für Schwarmfinanzierungen i. S. des § 2a VermAnlG gegebenenfalls eine weitere Kategorie eingeführt wird.

Nachweisverfahren

Die nachzuweisenden Voraussetzungen sollen nicht über die in § 34f GewO geregelten Anforderungen hinausgehen, sollen aber im Rahmen des Übergangs dennoch durch die BaFin überprüft werden. Das Nachweisverfahren soll bei Vertriebsgesellschaften innerhalb von sechs Monaten nach Übernahme der Aufsicht, bei sonstigen Finanzanlagendienstleistern innerhalb von sechs Monaten nach entsprechender Aufforderung durch die BaFin stattfinden. Die Zuständigkeit der IHKs für die Durchführung der Sachkundeprüfung soll auch weiterhin bestehen bleiben. Inhaber einer Erlaubnis nach § 34f oder § 34h GewO sollen ihre Sachkunde nicht erneut nachweisen müssen. Für die sukzessive, risikoorientierte Durchführung der Nachweisverfahren soll ein Zeitraum von zwei bis maximal fünf Jahren angesetzt werden. Neuanträge auf Erteilung einer Erlaubnis sollen jederzeit gestellt werden können und vorrangig bearbeitet werden.
Die Prüfzuständigkeit der Einhaltung der bisher in den §§ 12 bis 23 FinVermV geregelten Verhaltenspflichten soll zum 1.1.21 auf die BaFin übergehen. Die Prüfung der Finanzanlagendienstleister mit eigener Erlaubnis soll durch die BaFin selbst ohne festen Turnus anlass- und risikobezogen erfolgen. Die Risikoabwägung soll anhand jährlich einzureichender Selbsterklärungen erfolgen, die wichtige Parameter des Unternehmens beschreiben. Für Vertriebsgesellschaften soll dagegen eine regelmäßige jährliche Prüfung vorgesehen werden. Das neue Prüfregime soll durch Gebühren für Erlaubnisse, Erstattung entstandener Prüfungskosten sowie eine Umlage finanziert werden.

Einschätzung

Die Implementierung der notwendigen Strukturen und der Aufbau des dafür erforderlichen Personals bei der BaFin wird sehr hohe Kosten verursachen. Diese Kosten sollen durch die Beaufsichtigten selbst getragen werden, dies wäre insbesondere für die vielen (kleinen) Einzelunternehmen eine Belastung; für die großen Vertriebsgesellschaften sind die Kosten hingegen materiell unwesentlich. Hier ist eine ähnlich starke Auswirkung auf den Markt wie im Jahr 2011 bei der Einführung des § 34f GewO zu erwarten. Bis dato wurde nicht berücksichtigt, dass viele Vermittler eine Doppelfunktion haben – sie sind sowohl nach § 34f als auch nach § 34d GewO registriert, sie vermitteln also Finanzanlagen und Versicherungen. Diese würden künftig unter Umständen zwei verschiedenen Aufsichtsregimes mit zwei verschiedenen Anlaufstellen unterliegen. Spannend wird sein, wie die BaFin mit – sicher begrenztem Personal – die Überprüfung der fast 38 000 Finanzanlagenvermittler ohne die Hilfe von Wirtschaftsprüfern bewerkstelligen will; der Weg zu einer kompletten Digitalisierung der Prüfungsverfahren ist sicher noch weit. Falls die Überprüfung der so genannten alternativen Sachkundenachweise nach §§ 4/5 FinVermV künftig bei der BaFin stattfindet, könnte dies für die Vermittler vorteilhaft sein. Denn deren Anerkennung ist in der Praxis mit vielen IHKs schwierig. Es bleibt abzuwarten, wie das Eckpunktepapier im WpHG bzw. in den entsprechenden Verordnungen konkret umgesetzt wird.

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