Regierung will Geschäftsgeheimnisse besser schützen

Am 18.7.18 hat die Bundesregierung das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/943 zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung beschlossen, das noch in diesem Jahr in Kraft treten soll. Dadurch steigen zwar die Anforderungen an die Unternehmen, ihr Know-how zu schützen. Jedoch werden die Rechtsdurchsetzung und der Schutz von Know-how im Prozess auch verbessert, wie Johannes Druschel von Baker McKenzie erläutert.

Der Entwurf zum Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (kurz „GeschGehG“) entspricht im Wesentlichen dem Referentenentwurf, der sinnigerweise im März erst per Leak und am 19.4.18 offiziell publik gemacht wurde. Nur an wenigen Stellen zeigen sich Änderungen. So wurde der Auskunftsanspruch in § 8 Abs. 1 GeschGehG-E nun auf Dritte erweitert. In § 17 GeschGehG-E wurde zudem das Ordnungsgeld auf 100 000 Euro und die Ordnungshaft auf bis zu sechs Monate erhöht. 

Die Bundesregierung strebt weiterhin eine sehr wortlautgetreue Richtlinienumsetzung an. Maßgeblich geht es dabei um die Definition von „Geschäftsgeheimnissen“, eine klarere Regelung erlaubter und rechtswidriger Handlungen, konsequenten Schutz gegen rechtswidrigen Erwerb, Nutzung oder Offenlegung, den Schutz von Whistleblowern und verfahrensrechtliche Maßnahmen. Beim Verfahrensrecht bleibt der Entwurf trotz der Möglichkeit nationaler überschießender Umsetzung leider hinter den bestehenden Schutzlücken zurück.

Anforderungen werden steigen

§ 2 Nr. 1 GeschGehG-E definiert Geschäftsgeheimnis als eine Information, die a) weder insgesamt noch in der genauen Anordnung und Zusammensetzung ihrer Bestandteile den Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen, allgemein bekannt oder ohne weiteres zugänglich ist und daher von wirtschaftlichem Wert ist und b) Gegenstand von den Umständen nach angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen durch ihren rechtmäßigen Inhaber ist.

Gerade das Erfordernis der „angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen“ führt zu höheren Anforderungen an Unternehmen. Ergreift ein Unternehmen nämlich keine „angemessenen“ Maßnahmen zum Schutz seines Know-hows, droht dessen Verlust. Abzuwarten bleibt, wie die Gerichte diese Definition letztlich interpretieren werden. Gleichwohl sollten Unternehmen überlegen, ob sie alle sich ihnen ohne weiteres bietenden Schutzmaßnahmen getroffen haben. Zu denken wäre dabei etwa an Geheimhaltungsklauseln in Arbeitsverträgen, Zugangsbeschränkungen, Verschwiegenheitsvereinbarungen mit Dritten, Firewalls oder Mitarbeiterschulungen.

Whistleblowing bis zuletzt strittig

§ 3 GeschGehG-E enthält erlaubte Handlungen. Für das deutsche Recht soll nunmehr eindeutig die Zulässigkeit des Reverse-Engineerings, also des Erkenntnisgewinns durch Rückbau eines Produkts, geregelt werden. In § 4 GeschGehG-E werden die verbotenen Handlungen adressiert, wobei dessen Formulierungen im Wesentlichen klarstellender Natur sind. So sieht der Entwurf für das GeschGehG eine begrüßenswerte Lösung von den etwas sperrigen Formulierungen des derzeit noch einschlägigen § 17 UWG vor. Bis zuletzt heftig umstritten war das Ob und das Wie einer Rechtfertigung für Whistleblower. Diese soll nun mit § 5 Nr. 2 GeschGehG-E geschaffen werden, der voraussetzen soll, dass das Handeln zum Schutz der Allgemeinheit das dominierende Motiv ist.

Rechtsdurchsetzung verbessert

Auf Rechtsfolgenseite werden die Rechte des Geheimnisinhabers gestärkt. So erhält der Geheimnisinhaber Ansprüche auf Beseitigung und Unterlassung (§ 6 GeschGehG-E), Vernichtung, Herausgabe und Rückruf (§ 7 GeschGehG-E) sowie Auskunft (§ 8 GeschGehG-E). Damit wird Know-how immer mehr wie ein Recht des geistigen Eigentums behandelt.

Das vielleicht schwerwiegendste praktische Problem war schon bisher der Schutz von Geheimnissen vor einer Offenlegung in einem Gerichtsverfahren. Wie die Richtlinie schon vermuten ließ, verzichtet auch der deutsche Gesetzesentwurf auf ein so genanntes In-camera-Verfahren, das heißt den (temporären bzw. teilweisen) Verfahrensausschluss einer Partei und Prüfung der Geheimhaltung nur durch das Gericht. Deutlich werden vielmehr die Möglichkeiten erweitert, Prozessbeteiligte einer Geheimnisstreitsache mit einer Geheimhaltungsverpflichtung zu belegen.

So sollen die entsprechenden Normen, anders als im bisherigen § 174 Abs. 3 GVG vorgesehen, auch im einstweiligen Rechtsschutz gelten. Eine Geheimnisstreitsache soll aber nur dann vorliegen, wenn Ansprüche nach dem GeschGehG gerichtlich verfolgt werden. Leider wurde dabei bisher die Chance verpasst, auch einen spezialgesetzlichen Besichtigungsanspruch für Know-how zu schaffen und die prozessualen Regelungen auf andere Streitigkeiten, die Geschäftsgeheimnisse nur am Rande betreffen, auszudehnen.

Weitere Änderungen noch erwünscht

Nachdem die Umsetzungsfrist bereits am 9.6.18 abgelaufen ist, ist der deutsche Gesetzgeber nun um einen schnellen Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens bemüht. Es ist daher zu erwarten, dass das GeschGehG noch dieses Jahr kommen wird. Bei all der Eile ist dem Entwurf dennoch die ein oder andere Änderung, gerade in prozessualer Hinsicht, zu wünschen.

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