Gastbeitrag

Wegzugsteuer – Deutscher Gesetzgeber muss nachbessern

Beim Wegzug ins Ausland kann die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft zu einer so genannten Wegzugsteuer führen: Natürliche Personen, die mit mindestens 1% an einer in- oder ausländischen Kapitalgesellschaft beteiligt sind, müssen im Zeitpunkt des Wegzugs den Wertzuwachs seit Erwerb ihrer Beteiligung versteuern. Allerdings gibt es für EU- und für EWR-Länder eine Stundungslösung. Die geschuldete Wegzugsteuer wird zwar festgesetzt, aber bis zu einer tatsächlichen Veräußerung oder bis zu einem Wegzug aus der EU bzw. dem EWR zinslos gestundet.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in seinem Urteil vom 26.2.19 entschieden, dass die fehlende Stundungsmöglichkeit im Verhältnis zur Schweiz EU-rechtswidrig ist. Viele EU-Bestimmungen gelten auch im Verhältnis zur Schweiz. Das Bundesfinanzministerium (BMF) sah sich daher veranlasst, dazu Stellung zu nehmen, wie das EuGH-Urteil in Deutschland bis zu einer gesetzlichen Neuregelung anzuwenden ist. „Das aktuelle Schreiben des BMF vom 13.11.19 bleibt dabei jedoch deutlich hinter den vom EuGH aufgestellten Anforderungen zurück“, erklärt Martin Feick, Experte für Steuer- und Erbrecht bei SZA Schilling, Zutt & Anschütz. „Insoweit bleibt abzuwarten, wie der Gesetzgeber nun die Wegzugsbesteuerung im Verhältnis zur Schweiz neu regeln wird.“

Der lange Arm des deutschen Fiskus

Tatsächlich beende ein Wegzug auch sonst nur selten endgültig die deutsche Steuerpflicht, so Feick weiter. So müssen Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung deutscher Immobilien oder Einkünfte aus einer deutschen Betriebsstätte grundsätzlich weiter in Deutschland versteuert werden. Diese beschränkte Steuerpflicht, bei der nur auf das in Deutschland erzielte Einkommen Steuern zu zahlen sind, kann selbst bei einem vollständigen Wegzug bestehen bleiben. „Wer in Deutschland einen Wohnsitz hat, auch wenn dies nur ein Nebenwohnsitz ist, bleibt laut Definition Steuerinländer und damit unbeschränkt steuerpflichtig“, erläutert der Steuerrechtler. Die so genannte 183-Tage-Grenze sei hier nicht relevant; auch eine bloß „schlafbereite Stätte“ oder andauernder Aufenthalt von weniger als 6 Monaten in Deutschland könne eine unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland bedeuten. „Der frühere Tennisstar Boris Becker hat diese Erfahrung gemacht. Wer die deutschen Steuern hinter sich lassen will, muss daher beim Umzug in die Schweiz jede Verbindung zu Deutschland aufgeben.“

Noch nicht gelöst ist damit jedoch das Problem der Erbschaftsteuer, so Feick weiter: „Wenn die Erben wie Kinder bzw. Enkelkinder nicht mit wegziehen und weiter in Deutschland leben, besteht für sie in Deutschland weiterhin eine unbeschränkte Erbschaftsteuerpflicht mit dem gesamten Vermögen des Erblassers, selbst wenn sich dieses nicht in Deutschland befindet“. Denn: Für Einkommensteuer und Erbschaftsteuer gelten unterschiedliche Anknüpfungspunkte.

{{ name }} Chart
{{ name }} Aktie auf wallstreet:online

ARTIKEL DIESER AUSGABE