Sanierung gegen den Willen des Gesellschafters

"Erfahrene Berater frotzeln gerne, der größte Feind der Sanierung eines Unternehmens sei immer dessen Eigentümer. Oft hat er das Unternehmen zunächst zum Erfolg gebracht, um es dann in die Krise zu managen. Jetzt will er die Zügel nicht aus der Hand geben und vertraut auf seine bewährten Methoden. Andreas Dimmling, Rechtsanwalt und Restrukturierungsexperte bei GSK Stockmann + Kollegen in München, erläutert aktuelle Möglichkeiten, wie die Sanierung des Unternehmens auch gegen den Willen des Gesellschafters betrieben werden kann."

Ein klassischer Fall in der Restrukturierungsberatung: Der langjährige Chef des kriselnden Unternehmens kommt auf Druck der Hausbanken zu seinen Beratern, um die Firma vor der Insolvenz zu retten. Dazu hat der Patriarch auch schon Ideen, was sich ändern muss: Die Banken sollen auf ihre Kredite teilweise verzichten, ein Investor soll neues Geld zuschießen und die Lieferanten sollen endlich wieder verlässlich liefern. Wenn dann die Berater erläutern, dass die wichtigen Stakeholder nur zu Sanierungsschritten bereit sind, wenn auch der Unternehmer als Teil seines eigenen Sanierungsbeitrags die Anteile am Unternehmen an die Gläubiger abgibt und einen Interims-Geschäftsführer akzeptiert, wollen die alteingesessenen Eigentümer dies oft nicht hören. In einem solchen Fall ist es sinnvoll, die rechtlichen Instrumente zu erläutern, die es den Gläubigern ermöglichen, eine Sanierung auch gegen den Willen des Gesellschafters oder zumindest im Detail ohne den Willen des Gesellschafters voranzubringen.

Gestaltungsmöglichkeiten im Insolvenzverfahren

Das schärfste Schwert steht den Gläubigern im Insolvenzverfahren zur Verfügung. Wird das Insolvenzverfahren auf Grund eines Eigenantrags des Unternehmens (wozu die Geschäftsführer unter Strafandrohung gemäß § 15a InsO und persönlicher Haftung verpflichtet sind) oder eines Gläubigerantrags eröffnet, kann ein Insolvenzplan die Sanierung gestalten. Seitdem die Insolvenzordnung im März 2012 mit dem ESUG (Gesetz zur erleichterten Sanierung von Unternehmen) reformiert wurde, kann der Insolvenzplan gemäß §§ 217 S. 2, 225a InsO auch in die Rechte des bisherigen Gesellschafters eingreifen. Insbesondere kann der Insolvenzplan die Anteile des Gesellschafters herabsetzen und können Gläubiger im Wege des sogenannten debt-equity-swaps neue Gesellschafter werden. Diese Maßnahmen sind grundsätzlich sogar gegen den ausdrücklichen Willen des bisherigen Gesellschafters möglich, weil dessen Zustimmung entweder fingiert wird (§ 245 InsO – Obstruktionsverbot) oder Rechtschutzmöglichkeiten im Insolvenzplanverfahren erheblich eingeschränkt sind (§ 251 InsO). Auch ohne Insolvenzplan kann der Insolvenzverwalter die Vermögensgegenstände des Unternehmens ohne Zustimmung des Gesellschafters verkaufen.

Doppelnützige Treuhand

Außerhalb des Insolvenzverfahrens ist eine Sanierung vollkommen gegen den Willen des bisherigen Gesellschafters nicht möglich. Erfolgsversprechend ist es hier, eine sogenannte doppelnützige Treuhand einzurichten. Mit Zustimmung des bisherigen Gesellschafters überträgt dieser in der Regel alle seine Geschäftsanteile auf einen Treuhänder, z. B. auf einen Rechtsanwalt, der daraufhin im gemeinsamen Interesse der Gläubiger und des Gesellschafters die Anteile oder gegebenenfalls auch die Assets des Unternehmens veräußert. Wenn in einem solchen Szenario dem bisherigen Eigentümer glaubhaft dargestellt werden kann, dass die Treuhand auch für ihn Erfolgsaussichten bereithält, kann die Zustimmung häufig erreicht werden. Der bisherige Gesellschafter kann z. B. neben den Gläubigern vom Verkauf profitieren oder am Unternehmen beteiligt bleiben. Die einzelnen Maßnahmen, die zur Sanierung notwendig sind, kann der Treuhänder je nach Ausgestaltung des Treuhandvertrags auch gegen den Willen des Gesellschafters durchsetzen. Somit ist die Zustimmung des Gesellschafters nur im ersten Schritt erforderlich. Weniger einschneidend, dennoch aber oft hilfreich zur Sanierung der Gesellschaft ist es, dem bisherigen Gesellschafter, der zugleich Geschäftsführer oder Vorstand ist, einen Krisenmanager zur Seite zu stellen, der entweder die komplette Geschäftsführung übernimmt oder mit wichtigen Kompetenzen ausgestattet wird. Auch eine solche Bestellung des Interimmanagers ist ohne Zustimmung des alten Gesellschafters nicht möglich. Ist sie jedoch einmal umgesetzt, bedürfen die einzelnen Maßnahmen des Geschäftsführers in der Regel nicht mehr der Zustimmung des Gesellschafters.

Fazit

Wie dem bisherigen Alleinherrscher über sein Unternehmen die Zustimmung zu Sanierungsmaßnahmen abgerungen wird, obliegt dem Verhandlungsgeschick der Gläubiger und ihrer Berater. Oft genügt es schon zu erläutern, dass in einem Insolvenzverfahren der Gesellschafter schnell alles verliert und dies nach dem neuen Insolvenzrecht auch relativ einfach umgesetzt werden kann. Außerhalb des Insolvenzverfahrens gilt es vor allem, den Gesellschafter für eine Sanierung zu ködern. Aspekte können Prestige-Erhalt, die soziale Verantwortung als Arbeitgeber und monetäre Anreize bei einem erfolgreichen Verkauf sein. Manchmal sind es aber auch die ganz einfachen Argumente. Ein erfahrener Sanierungsberater sagte kürzlich: „Als ich dem Gesellschafter-Geschäftsführer sagte, dass er seinen großen Geschäftswagen in drei Tagen zurückgeben müsste, weil die Leasingraten nicht mehr bedient werden können, willigte er sofort in die notwendigen Sanierungsmaßnahmen ein.“

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