Gastbeitrag

5G-Netzausbau – Kontroverse um Zulieferer Huawei

Aline Fritz
Aline Fritz © FPS Rechtsanwälte

Seit Monaten wird im Zusammenhang mit dem Ausbau des 5G-Netzes und der am 19.3.19 gestarteten Versteigerung von Frequenzen über den chinesischen Ausrüster Huawei diskutiert: Darf dieser als Zulieferer die Technik liefern, obwohl eine (zu) enge Bindung zum chinesischen Staat gegeben sein könnte? Doch welche rechtlichen Möglichkeiten hat die Bundesregierung bzw. die für die Vergabe zuständige Bundesnetzagentur überhaupt, um Huawei vom Ausbau des 5G-Netzes „auszuschließen“? Nicht viele, meint Aline Fritz, Vergaberechtlerin bei FPS.

Die Bundesnetzagentur (BNetzA) entschied sich gemäß § 55 X Telekommunikationsgesetz (TKG) für die Vergabe von Frequenzen im Rahmen einer Versteigerung nach § 61 I, IV TKG. Huawei wäre bei allen drei deutschen Mobilfunknetzbetreibern (Telefónica, Deutsche Telekom, Vodafone), die Frequenzen ersteigern wollen, Lieferant der Netzwerktechnologie. Huawei steht jedoch unter Verdacht, an den chinesischen Geheimdienst Informationen bzw. Daten zu übermitteln. Der Öffentlichkeit bekannte Nachweise dafür liegen zwar bislang nicht vor. Dennoch haben die USA, Australien und Neuseeland Huawei wohl bereits von ähnlichen Projekten ausgeschlossen. Zudem üben die USA auch politischen Druck auf Deutschland aus, Huawei „auszuschließen“.

Für die Versteigerung gelten Vergaberegeln, die neben Verfahrensregeln auch Versorgungsauflagen enthalten. Konkrete Vorgaben zu Lieferanten enthalten die Vergaberegeln zwar nicht, allerdings enthalten sie Möglichkeiten, einzelne unzuverlässige Unternehmen von der Versteigerung auszunehmen.

Rechtliche Möglichkeiten eines Ausschlusses

Die Betreiber müssen für die Versteigerung zugelassen werden und die Zulassung muss beantragt werden. Dafür müssen die Unternehmen bestimmte Angaben machen, u. a. zur so genannten Zuverlässigkeit. Die Zuverlässigkeit bemisst sich insbesondere danach, ob ein tatsächlicher Verstoß gegen das Datenschutz- oder Telekommunikationsrecht vorliegt oder ob ein Verfahren deswegen anhängig ist, wobei diese Verstöße von den Anbietern darzulegen sind. Obwohl der Wortlaut nicht ganz eindeutig ist, müsste wohl beim Betreiber selbst der Verstoß festgestellt werden. Es reicht allerdings nicht aus, dass ein solcher Verstoß bloß vermutet wird oder potenziell möglich ist, um einen Ausschluss zu rechtfertigen. Es muss vielmehr ein „tatsächlicher“ Verstoß vorliegen oder ein Verfahren – also z. B. ein Ermittlungsverfahren – anhängig sein.

In diesem Sinne wurde bis jetzt auch im förmlichen Vergaberecht zu Gunsten von US-Unternehmen entschieden, die über den US Patriot Act sogar gesetzlich verpflichtet sind, dem US-Geheimdienst auf entsprechende Anfrage hin bestimmte Informationen zu übermitteln. Diesem der Huawei/China-Konstellation ganz ähnlichen Problem hat die Bundesregierung versucht, mit dem so genannten No-Spy-Erlass beizukommen. Der dort geregelte Ausschluss von Unternehmen, die keine No-Spy-Erklärung mit dem Angebot abgeben konnten, wurde sehr schnell gerichtlich gekippt.

Denn die abstrakte Möglichkeit der Weitergabe von Informationen an US-amerikanische Sicherheitsbehörden reicht zum Nachweis, dass der betreffende Bieter tatsächlich – unter Verstoß gegen nationales deutsches Recht – sicherheitsrelevante Informationen weitergegeben hat, nicht aus. Ein richtiger Nachweis ist wiederum kaum denkbar, denn die Unternehmen, die tatsächlich zur Weitergabe von Informationen aufgefordert werden, müssen sich i. d. R. gleichzeitig einer Geheimhaltungsanordnung unterwerfen, einer so genannten Gag Order, so dass sie überhaupt nicht befugt wären, über den Inhalt der Anforderung Auskunft zu geben.

In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, dass die Betreiber ohnehin die Sicherheitsanforderungen gemäß Telekommunikationsgesetz sowie Datenschutzrecht einzuhalten haben. Verstoßen sie in der Ausführungsphase hiergegen, verhalten sie sich zumindest vertragswidrig und können vertraglich sanktioniert werden. Um jedwedes Sicherheitsrisiko zu minimieren, bedarf es entsprechend engmaschiger Kontrollen.

Ausschluss von Huawei ist „kompliziert“

Derzeit bestehen rechtlich keine Möglichkeiten, Huawei als Lieferant auszuschließen. Die Vergaberegeln zur Zulassung könnten aber wohl auf Lieferanten ausgeweitet werden, hier besteht eine entsprechende Möglichkeit im förmlichen Vergaberecht. So hat das OLG Düsseldorf in einem Fall festgestellt, dass der Auftraggeber auch Erklärungen in Bezug auf Lieferanten verlangen kann, solange die Zulieferungen einen wesentlichen Einfluss auf die Qualität der vom Bieter zu erbringenden Leistungen haben können. Dies dürfte im Fall von Huawei zu bejahen sein. Allerdings gilt auch hier: Ein Ausschluss ließe sich nur aussprechen, wenn der Verstoß gegen TKG oder Datenschutz nachgewiesen ist oder ein entsprechendes Verfahren anhängig ist. Davon geht auch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik aus. Außerdem bestünde auch hier das Problem, dass Huawei wohl keine Auskunft über die Informationsweitergabe geben dürfte.

Auch auf EU-Ebene wäre ein Ausschluss nach Angaben von Vertretern der EU-Kommission „kompliziert“: Ein möglicher Weg wäre, das Gesetz für Cybersicherheit aus dem Jahr 2016 auf die 5G-Infrastruktur auszuweiten und diese somit als „kritische Infrastruktur“ einzustufen. Als Folge müssten alle Mitgliedstaaten Sicherheitsmaßnahmen ergreifen und EU-Firmen könnten keine Ausrüstung mehr von Ländern oder Unternehmen nutzen, die unter Spionageverdacht stehen.

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