Gastbeitrag

Neue Studie nimmt Vorstandsgehälter unter die Lupe

Daniela Favoccia und Stefan Siepelt
Daniela Favoccia und Stefan Siepelt © Hengeler Mueller/LLR, AdAR e.V.

Die Vergütung von Top-Managern, insbesondere die der Vorstände börsennotierter Unternehmen, hat sich zu einem echten „Evergreen“ öffentlicher Debatten entwickelt. Nicht nur auf den Hauptversammlungen entspinnen sich regelmäßig intensive Auseinandersetzungen um dieses Thema, auch in den Aufsichtsratssitzungen sorgt die Vorstandsvergütung immer wieder für Diskussionen. Doch welche Faktoren beeinflussen die Ausgestaltung der Vorstandsvergütung und wie wichtig ist Unternehmen dabei die Akzeptanz bestimmter Stakeholder? Eine Studie der Kanzlei Hengeler Mueller und des Arbeitskreises deutscher Aufsichtsrat e.V. (AdAR) ist dieser und weiteren aktuellen Fragen nachgegangen – mit teilweise überraschenden Ergebnissen, wie Daniela Favoccia, Partnerin bei Hengeler Mueller, und Stefan Siepelt, Partner bei LLR und Vorstandsmitglied des AdAR, erläutern.

In der empirischen Studie, für die 300 Aufsichtsräte verschiedener Unternehmen befragt wurden, wurde untersucht, inwieweit die intensive öffentliche Debatte tatsächlich Unternehmen in ihrem Verhalten beeinflusst. Das Interessante: In zwei Dritteln der Aufsichtsräte der befragten Unternehmen wird die Bezahlung der Vorstände keineswegs kontrovers diskutiert. Und doch legen die Unternehmen großen Wert auf die Akzeptanz ihrer Vergütungsmodelle durch die verschiedenen Stakeholder. Besonders wichtig ist dem Aufsichtsgremium dabei die Akzeptanz durch institutionelle Investoren. Mit etwas Abstand folgen dicht nacheinander der Betriebsrat, Kleinaktionäre sowie die allgemeine Öffentlichkeit, Gewerkschaften und schließlich Stimmrechtsberater. Größtes Gewicht entfalten damit Akteure mit direkten Beziehungen zum Unternehmen, sei es durch Kapital oder Mitarbeit.

Mit Blick auf die Kriterien, die Aufsichtsräte an die konkrete Ausgestaltung der Vorstandsvergütung anlegen, steht insbesondere der Deutsche Corporate Governance Kodex im Vordergrund. Dessen Neufassung wurde in Fachkreisen leidenschaftlich diskutiert, insbesondere die Vorgaben zur Vorstandsvergütung. Für die befragten Aufsichtsräte hat der Kodex den größten Einfluss auf die konkrete Ausgestaltung der Vergütungsmodelle. Erst dann folgen dicht nacheinander Kriterien wie „internationale Standards“ und „Anregungen wichtiger institutioneller Aktionäre“.

Rückforderungsklauseln öfter anzutreffen

Bei der Ausgestaltung der variablen Vergütung findet zunehmend ein Instrument Eingang in Vorstandsverträge, das bisher nur für bedeutende Kreditinstitute gesetzlich vorgeschrieben ist und welches vom Corporate Governance Kodex empfohlen wird: so genannte Claw-Back-Klauseln. Das sind Regelungen, die der Gesellschaft das Recht zum Einbehalt bzw. zur Rückforderung variabler Vergütungsbestandteile bei Eintritt bestimmter negativer Ereignisse oder Entwicklungen geben. Fast vier von zehn befragten Unternehmen (39%) wenden entsprechende Klauseln an. Darüber hinaus planen mehr als ein Zehntel (11%) deren Einführung.

Anders als Schadensersatzansprüche erfordern Claw-Back-Klauseln keinen Nachweis eines pflichtwidrig verursachten Vermögensschadens. Sie können auch reine Reputationsschäden sanktionieren. Die kontroverse öffentliche Diskussion um Vorstandshaftung scheint hier durchaus Einfluss auf die konkrete Ausgestaltung der Verträge zu nehmen.

Langfristiger Blick

Grundsätzlich sollen sich Vorstände am langfristigen Wohl ihres Unternehmens orientieren. Naheliegend scheint es, die langfristige variable Vergütung daher in Aktien auszugestalten. Auf diese Weise kann die Wertentwicklung des Unternehmens abgebildet werden. Etwas mehr als die Hälfte (53%) der befragten Aufsichtsräte nutzen Unternehmensanteile als Bestandteil in der Vorstandsvergütung. Knapp die Hälfte hat sich jedoch bewusst gegen Aktien als Bestandteil des Vergütungskonzeptes entschieden. Dies beruht sicher auch auf den öffentlichen Diskussionen um Insiderhandel und die Gefahr, trotz lange vorher festgelegter Ausübungszeiträume zeitlich besonders „günstige“ Käufe oder Verkäufe einer sensiblen Öffentlichkeit erklären zu müssen.

Die Mehrheit der Unternehmen (62,5%) zieht zur Bemessung der langfristigen variablen Vergütung sowohl quantitative Finanzkennziffern als auch konkrete qualitative Kriterien heran. Während nur einer der befragten Aufsichtsräte allein qualitative Fortschritte für entscheidend hält, knüpfen mehr als ein Drittel der Befragten (35%) die langfristige variable Vergütung ausschließlich an das Erreichen bestimmter Key Performance Indicators (KPIs) wie Gewinn, Rendite oder Cashflow an. Die Orientierung an solchen Indikatoren verspricht zwar grundsätzlich größere Objektivität – ob unternehmerische Zielsetzungen erreicht wurden, lässt sich einfach ablesen. Sie birgt aber auch Schwächen: Zum einen können Kennziffern maßgeblich von externen Faktoren beeinflusst sein und deshalb die individuelle Leistung der Vorstandsmitglieder nur unzureichend abbilden. Zum anderen darf nicht übersehen werden, dass die Abhängigkeit der variablen Vergütung von Finanzkennziffern falsche Anreize setzen kann.

Insgesamt hat der Deutsche Corporate Kodex bereits wichtige Impulse gesetzt, die Diskussion um die Vorstandsvergütung ist aber keineswegs abgeschlossen. Eine ultimative Formel scheint noch nicht in Sicht. Die weitere Entwicklung darf insofern mit Spannung verfolgt werden.

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