Gastbeitrag

Aussetzung der Insolvenzantragspflicht geht in die Verlängerung

_ Im Rahmen ihrer Corona-Hilfsmaßnahmen hat die Bundesregierung die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht für überschuldete Unternehmen bis Ende des Jahres verlängert. Damit soll Unternehmen, die auf Grund der Pandemie in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sind, nochmals Luft verschafft werden. Der Gesetzgeber will die Zwischenzeit zudem nutzen, um neue Möglichkeiten für Unternehmen zu schaffen, ihre Überschuldung zu überwinden.

Insbesondere die geplante Einführung eines wirksamen Präventivverfahrens, dass die EU-Richtlinie über Restrukturierung und Insolvenz den Mitgliedsstaaten aufgegeben hat, wäre für einige Unternehmen die Möglichkeit zur Sanierung außerhalb der Insolvenz. Nicht betroffen von der Neuregelung sind indes bereits zahlungsunfähige Unternehmen, für sie gilt ab dem 1.10.20 wieder die Pflicht, einen Insolvenzantrag zu stellen. „Die teilweise Verlängerung der Aussetzung von Antragspflichten ist ein vorsichtiger Schritt des Gesetzgebers in Richtung insolvenzrechtlicher Normalität“, meint Daniel Bergner, Geschäftsführer des Berufsverbandes der Insolvenzverwalter Deutschlands (VID). „Dieser wird aber möglichweise wegen der anhaltenden Zurückhaltung der öffentlichen Gläubiger – wie Fiskus oder Kassen – und der Erwartung weiterer staatlicher Hilfen nicht zu einer großen Steigerung von Insolvenzanträgen führen.“

Dass die Corona-Krise vielen Unternehmen jedoch bereits den Todesstoß verpasst hat, zeigen die aktuelle Zahlen der Restrukturierungsberatung Falkensteg. So stiegen im zweiten Quartal die so genannten Großinsolvenzen weiter an. Von April bis Juni verzeichneten die Amtsgerichte 58 Pleiten von Unternehmen mit einem Umsatz größer 20 Mio. Euro – ein Anstieg gegenüber dem Vorquartal um 29% und die höchste Zahl von Anträgen seit acht Jahren. Entwarnung mit Blick auf die zweite Jahreshälfte bestehe nicht, so Falkensteg-Partner und Studienautor Johannes von Neumann-Cosel. „Bis Dezember könnten es mehr als 200 Firmeninsolvenzen werden.“ Betroffen sind jedoch vor allem Unternehmen, die bereits vor der Krise in Schwierigkeiten waren, allen voran die Branchen Einzelhandel und Automobilzulieferer. „Eine weitere Aussetzung der Insolvenzantragspflicht wird die Probleme der beiden Branchen nicht lösen“, so der Restruktierungsexperte weiter.

Einen „Gewinner“ der derzeitigen Krise gibt es jedoch, auch das zeigt der Falkensteg-Report. Das schon totgeglaubte Schutzschirmverfahren erlebt eine regelrechte Renaissance. In dieser besonderen Form der Eigenverwaltung können Unternehmen bereits einen Antrag stellen, obwohl sie nur drohend zahlungsunfähig sind. Unter den 58 Verfahren des zweiten Quartals sind elf Schutzschirmverfahren, im gesamten Vorjahr stellten lediglich fünf Unternehmen einen Antrag auf den Schutzschirm. „Viele Unternehmen gehen in der Pandemiezeit diesen Sanierungsweg“, so Neumann-Cosel. „Sie starten gut vorbereitet in das Schutzschirmverfahren. Die Erfolgsaussichten für die Sanierung sind somit sehr hoch“.

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