M&A-Deals – Keine Angst vor japanischen Käufern!
Japanische Unternehmen sind zunehmend aktiv im deutschen M&A-Markt. Daher sehen deutsche Verkäufer mehr und mehr japanische Unternehmen auf der Käuferseite – und erleben teilweise einen Kulturschock bei der Geschäftsanbahnung, beim Verkaufsprozess und der Vertragsverhandlung, weiß Shigeo Yamaguchi, Partner bei ARQIS Rechtsanwälte und Leiter des dortigen Japan-Desks.
Nicht selten führen die kulturellen Unterschiede zwischen deutschen und japanischen Managern zu Missverständnissen. Folgende Empfehlungen erleichtern das Verständnis für und den Umgang mit japanischen Vertragspartnern:
„Falle nie mit der Tür ins Haus.“
Der Inhaber eines familiengeführten deutschen Unternehmens fragt die japanische Delegation einer börsennotierten Gesellschaft beim ersten Treffen: „Why are you here?“ Für die japanische Seite war diese Frage unerwartet, denn in Japan ist es nicht üblich, gleich beim ersten Gespräch direkt zu sagen, man sei an einem Kauf interessiert, es sei denn, man befindet sich in einer Auktionssituation. Meist geht es erst einmal darum, sich kennenzulernen und ein Vertrauensverhältnis aufzubauen. Die geschäftliche Agenda steht für die japanische Seite zunächst nicht im Vordergrund. Daher sind so genannte „Aisatsu“-Besuche (Höflichkeitsbesuche), die vorrangig dem gegenseitigen Kennenlernen dienen, wichtig. Flankierend dazu sind Empfehlungen von Personen bedeutsam, die das japanische Unternehmen bereits kennt.
„Akzeptiere viele Teilnehmer und sei geduldig.“
Ob es sich um Meetings, den E-Mail-Verteiler oder die Zugangsberechtigung im Virtual Data Room handelt – auf japanischer Seite ist regelmäßig mit vielen Teilnehmern zu rechnen. Üblich ist auch, häufiger und mit einer großen Mannschaft das Zielunternehmen zu besuchen. Diese „Site Visits“ sind für Verkäufer nicht ganz leicht zu handhaben. Außer dem Top-Management weiß im Zielunternehmen i. d. R. niemand etwas über einen möglichen Verkauf. Kommt dann eine größere Delegation von Japanern zur Fabrikbesichtigung, sorgt das oft für Verwirrung. Verständlicherweise versucht der Verkäufer, die Teilnehmerzahl zu begrenzen, während japanische Käufer so viele Beteiligte wie möglich mitnehmen möchten.
Ähnliches gilt für die Abstimmung von Verträgen. Ein Unternehmenskaufvertrag berührt stets mehrere Rechtsgebiete, gerade wenn es um die Verkäufergarantie geht. Es kann dabei durchaus länger dauern, bis der japanische Käufer ein Mark-up zum Erstentwurf des Verkäufers macht, da i. d. R. jede intern betroffene Abteilung involviert wird. Alle Beteiligten sollen gehört werden und am Ende einverstanden sein. Ist eine Entscheidung gefallen, steht ein japanisches Unternehmen dazu. Eine solche Entscheidung ist einerseits sehr verlässlich; andererseits kann sie aber auch zu einer gewissen Unflexibilität führen. Ändern sich die Parameter oder ergibt sich eine andere Alternative, tun sich japanische Unternehmen manchmal schwer, die einmal getroffene Entscheidung anzupassen.
„Halte den Prozess ein.“
In Japan sind Prozesse sehr wichtig. Dazu zählt auch die interne Willensbildung. Auch wenn es ein wenig plakativ klingt, aber für Japaner „ist auch der Weg das Ziel“. Manchmal ist es ratsamer, einen bestimmten Prozess oder Termin einzuhalten, statt eine Abkürzung zu nehmen oder einen Termin vorzuziehen. Japaner mögen es nicht, wenn ein einmal gefasster Plan geändert wird. Unabhängig von den möglichen Vorteilen einer Planänderung kann allein die Tatsache, dass etwas geändert werden soll, Argwohn erwecken. Was die Terminierung angeht, so muss im Auge behalten werden, dass (auch) in Japan die ultimative Entscheidung im Vorstand getroffen wird. Grundsätzlich findet eine Vorstandssitzung nur einmal im Monat statt. Auch wenn etwas eilig ist, ist mit einem außerordentlichen Board-Meeting eher nicht zu rechnen.
„Rechne mit ‚nebensächlichen‘ Fragen.“
Bei der Due Diligence stellen japanische Käufer manchmal auch Fragen, die im Kern mit der Sache nichts zu tun zu haben scheinen. Für japanische Unternehmen ist es jedoch wichtig, ein umfassendes Bild zu erhalten. Deshalb werden eventuell – aus deutscher Sicht – „nebensächliche“ Fragen gestellt. Oft werden auch Fragen wiederholt oder ähnliche Fragen erneut gestellt, weil die Käuferseite sicher sein möchte, dass eine einmal gegebene Antwort auch weiterhin Bestand hat.
„Beachte die Hierarchie.“
Die Kommunikation mit Japanern ist vielschichtig und oft indirekt. Daher ist die Fähigkeit, zwischen den Zeilen lesen zu können, gefordert. Nicht selten wollen Japaner bestimmte Themen nicht in der „großen Runde“ direkt platzieren. Hier können „kleine Runden“ und/oder Berater (idealerweise mit Japanischkenntnissen) helfen, um herauszufinden, was gemeint und gewollt ist. Wichtig in der Kommunikation sind zudem die „Ebenen“: Schreibt von japanischer Seite der „Chef“, sollte auf der Verkäuferseite auch der „Chef“ antworten.
Fazit
Japanische Unternehmen können aus deutscher Sicht manchmal anstrengend und etwas unflexibel wirken. Aber wenn einmal das Vertrauen gewonnen und eine Entscheidung getroffen wurde, dann hat der Verkäufer einen sehr verlässlichen Partner, der eine hohe Transaktionssicherheit bietet.
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