Gastbeitrag

Schneller und sicherer zum Großprojekt

Michael Neupert
Michael Neupert © Kümmerlein

Der Autobauer Tesla und das Land Brandenburg haben es geschafft. Die Autofabrik darf vorerst weiter gebaut werden. In den USA wundert man sich über das deutsche Planungsrecht, der Wirtschaftsminister will die Abläufe weiter beschleunigen. „Bei den Vorhabenträgern selbst gibt es aber auch oft noch Potenzial zur Optimierung“, sagt Michael Neupert von der Wirtschaftskanzlei Kümmerlein in Essen.

Der Autobauer Tesla dürfte mit dem Land Brandenburg einen Partner haben, wie ihn sich ein Investor wünschen kann. Regierung, Planungs- und Genehmigungsbehörden werden eng und zielorientiert zusammenarbeiten. Dennoch konnte eine Klage das Vorhaben kurzzeitig stoppen. Es drohte ein Baustopp, schlimmstenfalls ein Rückzug des Investors.

Gesetzgeber beschleunigt Prozesse

Klar ist: Geordnete Zulassungsverfahren sind unverzichtbar. Die unterschiedlichen Interessen der Vorhabenträger, der Betroffenen und des Umweltschutzes müssen nach gesetzlichen Vorgaben gründlich untersucht und abgewogen werden. Der Zugang zu einem effektiven und angemessenen Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Verwaltungsbehörden muss möglich sein. Das sind verfassungs- und europarechtlich abgesicherte Grundelemente. Grundsätzliche Beschränkungen von Gerichtsverfahren sind daher kaum möglich. Verringern lässt sich aber die Zahl der Instanzen, durch die geklagt werden kann.

Wenn der Gesetzgeber mit dem „Maßnahmengesetzvorbereitungsgesetz“ versucht, Großprojekte unmittelbar durch Gesetz zu genehmigen – gegen Gesetze lässt sich vor den Verwaltungsgerichten nicht klagen – testet er diese Grenzen. Zulässig sind Gesetze, durch die unmittelbar Einzelfälle geregelt werden, nur im Ausnahmefall. Ob der Ausbau von Infrastrukturen dazu ausreicht, wird wohl das Bundesverfassungsgericht entscheiden.

Der Gesetzgeber kann aber die Planungsverfahren entschlacken. Das wird auch immer wieder versucht, zuletzt mit dem „Gesetz zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus“. Dieses streicht und strafft manche Planungsschritte, schafft einheitliche Standards, erleichtert den Informationsaustausch zwischen den Beteiligten und will den Baustart beschleunigen.

Potenzial nutzen

Optimierungspotenzial gibt es aber auch auf Seiten der Vorhabenträger, vor allem bei den Planfeststellungsverfahren für Großprojekte. Generell sollten Projektleiter von Großvorhaben sich für eine aktive statt duldende Rolle entscheiden. Ihr strategisches Ziel ist, Mehrwert durch eine schnellere Zulassung, einen planbaren Zeitrahmen und natürlich einen rechtssicheren Zulassungsbescheid zu schaffen. Sie sollten auch die Behörde proaktiv in die Lage versetzen, das Projekt zu gestatten. Das geht, indem technische und juristische Funktionen Hand in Hand arbeiten. An drei Punkten lässt sich ansetzen: den Antragsunterlagen, der Öffentlichkeitsbeteiligung und den Kapazitäten der zuständigen Behörden. Fehler und Unklarheiten in den Antragsunterlagen machen Einwände wahrscheinlicher. Je später im Verfahren die Unterlagen angepasst werden, desto höher ist das Risiko von Zeitverlusten. In erster Linie planen die technischen Teammitglieder. Die juristische Kompetenz zur kritischen Nachfrage kann aber als frühzeitige Qualitätskontrolle dienen. Bestenfalls unterzieht dies das Vorhaben einem internen Stresstest, bevor der Antrag formal gestellt wird.

Ein gemeinsames redaktionelles Team aus Technikern und Juristen kann sicherstellen, dass die Unterlagen für technische und für juristische Behördenmitarbeiter gleichermaßen verständlich und nachvollziehbar sind, wesentliche Informationen enthalten und keine vermeidbaren Angriffsflächen öffnen. Projektleiter sollten also die Rechtsabteilung frühzeitig in größere Planungen einbinden. Sie sollten sie auch in Runden beteiligen, wenn es vermeintlich „nur“ um technische Grundlagen geht.

Richtig reagieren

Gegen praktisch alle größeren Projekte werden heute Einwendungen vorgebracht. Der Fall Tesla zeigt wieder einmal: Die Hoffnung, dass sich alle Einwender von einem Projekt überzeugen lassen, ist unrealistisch. Auch bei der Öffentlichkeitsbeteiligung gibt es Potenzial zur Optimierung. Zum einen sollte die Einwandbehandlung in ein fachlich gut besetztes Teilprojekt ausgegliedert werden. Das entlastet die technischen Fachexperten und ermöglicht eine schnellere und bessere Erwiderung. Zum anderen sollte der Erörterungstermin als formaler Bestandteil des Genehmigungsverfahrens behandelt werden. Das primäre Ziel ist dann, diesen Schritt gesetzeskonform und zügig abzuschließen.

Schließlich sollten Projektteams die Chance nutzen, die rechtlichen Aspekte der angestrebten Zulassung aus ihrer Sicht der Behörde darzulegen. Natürlich muss die Behörde selbst die Fakten rechtlich beurteilen. Es unterstützt sie aber häufig, die zentralen Rechtsfragen gut aufbereitet zu erhalten. Auch das trägt zur Beschleunigung und Rechtssicherheit bei.

Eine entwickelte Gesellschaft muss mit Gegenstimmen leben, auch wenn sie aus Sicht eines Vorhabenträgers unbegründet wirken. Vorhabenträger müssen deshalb so gut wie möglich planen und unvermeidbare Konflikte selbstbewusst austragen. Dass es ein Gerichtsverfahren gibt, spricht erst einmal nicht gegen das deutsche Planungsrecht. Tesla scheint auch dafür ein gutes Beispiel zu werden.

{{ name }} Chart
{{ name }} Aktie auf wallstreet:online

ARTIKEL DIESER AUSGABE