ESUG – Wenn aus Gläubigern Anteilseigner werden
Mit dem Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) hat der Debt-to-Equity-Swap erstmals eine gesetzliche Grundlage erhalten. Der Gläubiger einer Gesellschaft verzichtet auf seine Forderung und erwirbt dafür Anteile an dieser Gesellschaft. Wichtige Fragen insbesondere bei der Forderungsbewertung bleiben aber noch offen. Auch der Swap vor der Insolvenz dürfte neuen Schub erfahren, meinen Christoph Appel und Peter Etzbach, Restrukturierungsexperten bei Oppenhoff & Partner.
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Ist eine Gesellschaft in der Krise oder Insolvenz, ist die Forderung des Gläubigers i. d. R. nicht mehr oder nicht mehr vollständig werthaltig. Der Tausch von Forderungen in Eigenkapital ist dann ein probates Mittel, um die finanzielle Situation der Gesellschaft zu verbessern, wenn der Gläubiger in der Gesellschaft noch Potenzial sieht oder eine andere Motivation hat, dass sie weiterbesteht, z. B. weil sie ein wichtiger Kunde oder Zulieferer ist. Begleitet wird der Debt-to-Equity-Swap meist durch einen Kapitalschnitt, bei dem das bisherige Stamm- oder Grundkapital der Gesellschaft herabgesetzt und durch Ausgabe neuer Geschäftsanteile oder Aktien wieder erhöht wird. Diese neuen Anteile werden dann dem „swappenden“ Gläubiger zugeteilt. Ist der Turnaround erfolgreich, kann der Wert der neuen Anteile an der Gesellschaft höher sein als der Nennbetrag der vorherigen Forderungen.
Grundlage für einen Neuanfang
Die Gesellschaft kann durch den Debt-to-Equity-Swap ihre Verbindlichkeiten auf einen Schlag wesentlich verringern, indem ein oder mehrere Gläubiger auf ihre Forderungen verzichten. Zins- und Tilgungsverpflichtungen entfallen. Gleichzeitig wird die Eigenkapitalbasis gestärkt. Als psychologische Komponente kommt hinzu, dass der oder die Gläubiger durch den Swap ihre Erwartung zum Ausdruck bringen, dass das Unternehmen am Markt eine Zukunft habe.
Vor einer Insolvenz wird der Swap regelmäßig in zwei Schritten durchgeführt. Zunächst erfolgt eine vereinfachte Kapitalherabsetzung zum Ausgleich von Wertminderungen oder zur Deckung sonstiger Verluste. Die vereinfachte Kapitalherabsetzung kann aber nur bis zur Höhe des Mindeststammkapitals bzw. Mindestgrundkapitals erfolgen. Eine Herabsetzung unter diesen Betrag ist nur möglich, wenn keine Sacheinlage festgesetzt wird. Genau dies erfolgt beim Debt-to-Equity-Swap aber im nächsten Schritt – durch eine Kapitalerhöhung mit Sacheinlagen. Dazu wird die Forderung gegen die Gesellschaft von dem Gläubiger als neuem Gesellschafter bzw. Aktionär unter Ausschluss der Bezugsrechte der Alt-Gesellschafter eingelegt.
Für die Höhe der Sacheinlage ist bei der Kapitalerhöhung der tatsächliche Wert der Forderung maßgeblich; dieser entspricht in der Krise i. d. R. nicht dem Nominalwert. Sofern der tatsächliche Wert der Forderung unter dem der neuen Anteile liegt, kann der swappende Gläubiger auf Grund der Differenzhaftung zu weiteren Zahlungen verpflichtet sein. Deshalb sollten Wertgutachten zur einzubringenden Forderung eingeholt werden. Sie sind nicht nur für die richtige Bewertung unerlässlich, sondern auch zu Beweiszwecken im Falle späterer Streitigkeiten über die richtige Bewertung.
Wesentlich für den Erfolg eines Debt-to-Equity-Swaps ist es, die verschiedenen Motivationen und Ziele der Alt-Gesellschafter/Alt-Aktionäre und der zu Gesellschaftern werdenden Alt-Gläubiger auszutarieren. Für die Alt-Gesellschafter steht die Kontinuität des Unternehmens im Vordergrund. Die Neu-Gesellschafter wollen oft kurz- bis mittelfristig ihre neuen Anteile gewinnbringend veräußern. Konfliktträchtiger ist jedoch, dass die Alt-Gesellschafter auf Grund der Herabsetzung ihrer Beteiligung Einfluss in der Gesellschaft verlieren.
Einfache Stimmenmehrheit reicht aus
Nach der Änderung der Insolvenzordnung durch das ESUG kann der Insolvenzplan nun vorsehen, Forderungen von Gläubigern in Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte am Schuldner, also an der insolventen Gesellschaft, umzuwandeln. Eine ähnliche Umwandlung war schon vorher möglich, jedoch nur mit Zustimmung der betroffenen Gesellschafter, woran der Tausch regelmäßig scheiterte. Nun können die für die Durchführung des Debt-to-Equity-Swaps nötigen Schritte Kapitalherabsetzung, Kapitalerhöhung, Bezugsrechtsauschluss und Festsetzung von Sacheinlagen im Insolvenzplan mit einfacher Mehrheit der Stimmen und der Forderungssumme der Gläubiger festgelegt werden. Zudem kann eine Zustimmung nun auch ohne Mehrheit als erteilt gelten. Eine Gruppe kann einen Insolvenzplan nicht mehr zu Fall bringen, wenn sie durch den Plan voraussichtlich nicht schlechter gestellt würde als ohne einen solchen Plan, angemessen wirtschaftlich beteiligt wird und die Mehrheit der abstimmenden Gruppen dem Insolvenzplan zugestimmt hat.
Die erforderlichen Maßnahmen für einen Swap im Insolvenzplanverfahren sind identisch mit denen bei Durchführung außerhalb der Insolvenz. Allerdings bleibt das Problem, wie die umzuwandelnden Forderungen zu bewerten sind. Es gibt gute Argumente für eine Nominalbewertung. Hier bleibt abzuwarten, wie die Gerichte diese Frage beantworten.
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