Insolvenzrisiko Refinanzierung – Langsam wird’s gefährlich
Es braut sich etwas zusammen, da sind sich die meisten Restrukturierungs- und Sanierungsspezialisten in diesen Tagen einig. Langsam, aber sicher steigen die Insolvenzzahlen wieder aus dem durch Staatshilfen bedingten Corona-Tal herauf, und neben bereits angeschlagenen Autozulieferern wie Dr. Schneider und Einzelhändlern wie Görtz oder Galeria Karstadt Kaufhof trifft es nun auch Firmen wie Hakle, die schlicht nicht mehr mit den gestiegenen Rohstoff- und Energiepreisen mithalten konnten.
Seit mit dem Preisniveau auch die Zinsen wieder in die Höhe schießen, haben die Sanierungsprofis aber vor allem einen neuen Risikofaktor im Auge: die rapide steigenden Refinanzierungskosten. Wer sich nicht rechtzeitig günstige Konditionen gesichert hat, kann auch dann plötzlich in ernsthafte Schwierigkeiten kommen, wenn das Geschäft gut läuft, aber bald Kredite umgewälzt oder Anleihen zurückgezahlt werden müssen.
Was lange als Ausbreitung der „Zombie-Unternehmen“ beklagt wurde, könnte sich also recht schnell in sein Gegenteil verwandeln: Statt nicht wettbewerbsfähige Firmen durch Stützungsmaßnahmen künstlich am Leben zu halten, würde man eigentlich kerngesunden Unternehmen mit abrupt verschärften Konditionen den Stecker ziehen. Sportlich finanzierte Krisenfälle kämen damit noch deutlich schneller an ihre Grenzen als bisher. Als anfällig gelten neben Automotive- und Retail-Unternehmen, die mit dem Strukturwandel kämpfen, inzwischen auch (Geschäfts-)Immobilienentwickler, im Gesundheitssektor gibt es ebenfalls einige Risikopatienten.
Von spürbar mehr Anfragen zu Restrukturierungslösungen berichteten kürzlich etwa Georg Bernsau, Insolvenzverwalter bei K&L Gates, und Restrukturierer Kolja von Bismarck (Sidley Austin) nach der Jahrestagung des Branchenverbands TMA Deutschland in Königstein. Ähnlich war der Tenor beim Branchentreff in Frankfurt, den der Sondersituationen-Berater One Square Advisors organisiert hatte. Dass der renovierte Gesetzesrahmen für Insolvenzalternativen (StaRUG) dann seine erste große Bewährungsprobe erlebt, ist recht wahrscheinlich. Wer Defizite beim Thema ESG nicht rechtzeitig behoben hat, landet erst recht schnell im Aus. Denn Banken und besonders die großen Akteure der Fondsindustrie geben dann oft kategorisch keine Mittel mehr frei.
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