Brüssels ESG-Taxonomie – Nur fürs Gewissen!
Klassifikationssystem verfehlt das Ziel _ Wer aktuell sein Geld bei niedrigen Zinsen und hoher Inflation investieren möchte, will dies meist mit einem reinen Gewissen tun. ESG-konforme Investments boomen, versprechen sie doch gleich zwei Dinge miteinander zu verbinden: Rendite sowie das Gefühl, etwas Gutes zu tun.
Wandert der Blick allerdings auf die Performance von beispielsweise dem beliebten Ishares Global Clean Energy ETF, erinnert der Kursverlauf eher an eine bereits geplatzte Spekulationsblase. Platzen dürfte aber auch die Vorstellung der europäischen Regulatoren, dass mithilfe von ESG-Taxonomie-Regeln die Wirtschaft den wichtigen Wandel hin zur Nachhaltigkeit endlich schaffen wird. In der Theorie klang das ESG-Klassifikationssystem wunderbar. Die internationalen Kapitalmärkte finanzieren den Wandel, indem sie das dringend benötigte Kapital für den kostspieligen Umbau zu einer grüneren Wirtschaft bereitstellen.
Von den Geldströmen profitieren in der Praxis aber in erster Linie große Technologieunternehmen, die bereits aufgrund der Natur ihres Geschäftsmodells den Anforderungen gerecht werden, die also das Kapital überhaupt gar nicht mehr für einen grünen Wandel benötigen. Die schmutzigen Unternehmen und Branchen, die noch viel Arbeit vor sich haben und das Geld dringend bräuchten, bleiben außen vor. Die EU müsste viel stärker den Wandel incentivieren, anstatt den Status quo zu honorieren. Notwendig wäre dafür die Schaffung eines Kontrollsystems, das sicherstellen würde, dass die Unternehmen auch tatsächlich in eine grünere Zukunft investieren.
Dies kritisierte kürzlich auch RWE, nachdem die Papiere des Unternehmens aus dem Portfolio des Norwegischen Staatsfonds herausflogen, da RWE immer noch Kohle verstrome. Die Anstrengungen und Investments in nachhaltige Energieerzeugung blieben hier unberücksichtigt, hieß es in einem Statement von RWE. Doch die EU-Kommission beharrt auf Anfrage darauf, die aktuelle Taxonomie incentiviere den grünen Wandel. Für Unmut sorgten jüngst die Pläne von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, auch Kernkraft und Gas als ESG-konform einzustufen. Die EU muss sich überlegen, was sie eigentlich bezwecken möchte: Privatanlegern ein wohlig warmes Gefühl beim Abschluss ihrer Investments zu bereiten oder den ökologischen Wandel in Europa ernsthaft voranzutreiben.
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