Drei Fragen an ...

„Was erwartet uns 2022 im Steuerstrafrecht, Herr Höpfner?”

Andreas Höpfner
Andreas Höpfner © Flick Gocke Schaumburg

Welche Themen beschäftigen Steuerstrafrechtler derzeit am meisten und worauf sollten sich Unternehmen im kommenden Jahr einstellen? Wir haben bei Andreas Höpfner, Assoziierter Partner der Kanzlei Flick Gocke Schaumburg, nachgefragt.

Was waren 2021 die beherrschenden Themen Ihrer Beratungspraxis?

Ein brandaktuelles Thema ist die (vermeintlich) unrechtmäßige Erlangung von staatlichen Corona-Hilfen. Hier ermitteln die Staatsanwaltschaften immer häufiger wegen Subventionsbetrugs infolge zu Unrecht gestellter Anträge. Auch wenn die strafrechtliche Aufarbeitung gerade erst begonnen hat, haben wir in diesem Jahr immer wieder Mandanten bei der Antragstellung präventiv zur Seite gestanden, um etwaige Strafverfolgungsrisiken von vornherein auszuschließen. In anderen Fällen haben wir im Nachhinein bereits gestellte Anträge korrigiert. Da es viele Rechtsunsicherheiten gibt, ist der Beratungsbedarf enorm.

Wie in den Vorjahren haben außerdem auch in 2021 die Themen Cum/Ex und Cum/Cum einen ganz erheblichen Stellenwert in unserer Beratungspraxis eingenommen. Das umfasst neben der Vertretung von natürlichen Personen und Unternehmen im Rahmen von Strafverfahren auch die Begleitung von steuerlichen Rechtsbehelfsverfahren. Während Cum/Cum-Gestaltungen bislang eher nur steuerlich auf dem Prüfstand standen, ist eine klare Entwicklung zu erkennen, dass auch hier verstärkt strafrechtliche Ermittlungen geführt werden.

Ein Dauerbrenner in unserer Beratungspraxis ist die Selbstanzeigenberatung. Neben unterschiedlichsten, teils komplexen Sachverhalten aus dem Unternehmensteuerrecht geben Anlass hierzu nach wie vor „klassische“ Konstellationen von bislang nicht deklariertem Auslandsvermögen von Privatpersonen. Prominent geworden ist dieses Jahr der Ankauf einer Daten-CD aus Dubai sowie die erstmalige Durchführung des Automatischen Informationsaustauschs mit der Türkei.

Welche Vorhaben sollten Mandanten in diesem Jahr unbedingt noch angehen?

Kommen (im Nachhinein) Zweifel an der Rechtmäßigkeit gestellter Anträge auf Corona-Hilfen auf, sollten die betroffenen Anträge dringend überprüft werden. Sofern sich dabei Korrekturbedarf ergibt, sollte diesem unverzüglich nachgekommen werden. Etwaige Sanktionsrisiken können so erheblich abgemildert werden. Gerade im Falle noch nicht ausgezahlter Subventionen kann u. U. noch Straffreiheit erlangt werden. Zudem können subventionsrechtliche Korrekturpflichten bestehen; ein Verstoß ist wiederum strafbewehrt.

Wer Einkünfte, insbesondere aus Vermögen in Dubai oder der Türkei, bislang nicht der Besteuerung unterworfen hat, sollte prüfen lassen, ob eine strafbefreiende Selbstanzeige in Betracht kommt. Nach meinen Erkenntnissen sind bislang nur sehr wenige Strafverfahren eingeleitet worden.

Welche neue Fragenstellungen erwarten Sie in Ihrem Bereich im kommenden Jahr? Was raten Sie Ihren Mandanten, worauf sollten sie sich einstellen?

Wir gehen davon aus, dass uns – und unsere Mandanten – die bereits genannten Themen auch im kommenden Jahr und darüber hinaus intensiv beschäftigen werden. Was das Thema Cum/Ex anbelangt, sind mit der BGH-Entscheidung vom 28.7.21, mit der die erste strafrechtliche Verurteilung wegen der Beteiligung an Cum/Ex-Geschäften bestätigt wurde, die Weichen klar auf Strafverfolgung gestellt. Mit einem unverändert harten Vorgehen der Ermittlungsbehörden ist zu rechnen.

Nachdem die Einführung eines „Unternehmensstrafrechts“ in Form des Verbandssanktionengesetzes vorerst gescheitert ist, bleibt abzuwarten, ob und in welcher Form die neue Regierung das Thema wieder aufgreift und was die konkreten Konsequenzen für Unternehmen sind. Jedenfalls sind Unternehmen gut beraten, sich bereits jetzt für verschärfte Anforderungen an Compliance-Strukturen zu rüsten und bestehende (Tax) Compliance Management Systeme zu überprüfen und ggf. zu optimieren, sofern dies nicht bereits geschehen ist.

 

Andreas Höpfner ist Assoziierter Partner der Kanzlei Flick Gocke Schaumburg in Bonn und spezialisiert auf die Beratung von (Familien-)Unternehmen und Private Clients im Wirtschafts- und Steuerstrafrecht sowie bei Fragen zu Tax Compliance und Risk Management.

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