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Energiewende 2.0 – Neue Favoriten an der Börse

Russlands kriegerischer Überfall auf den Nachbarn Ukraine hat die Welt verändert. Die gravierendsten Einschnitte erlebt dabei die deutsche Energiepolitik. Die Energiewende muss neu überdacht werden, denn das als „Brücke“ zum forcierten Übergang auf Erneuerbare Energien bis 2030 fest eingeplante russische Gas soll nach Möglichkeit wegfallen. Die „Energiewende 2.0“ bringt neue Favoriten an der Börse hervor. Worauf sollten Anleger achten?

Der 24. Februar 2022 hat die Geschichte verändert. Der Befehl des russischen Präsidenten Wladimir Putin zum Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine hat weitreichende Auswirkungen auf die internationale Politik. Der Westen überlegt seither fieberhaft, wie die Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen reduziert werden kann. Die ernüchternde Antwort dabei lautet: Das wird nicht schnell gehen und es wird teuer.

Dabei schien der ursprüngliche Plan gut durchdacht. Bis 2030 will die Europäische Union 50% ihres Strombedarfs durch Sonne, Wind, Wasser, Biomasse und andere erneuerbare Energiequellen decken. Auf dem Weg dorthin war billiges russisches Öl eine unverzichtbare Brücke – ähnlich wie die Dieseltechnologie den Übergang zur Elektromobilität erleichtern sollte. Entsprechend schwer fällt es einigen Ländern, einem vollständigen Gas- und Ölembargo gegenüber Putin zuzustimmen.

Am Gashahn Putins

Aktuell bezieht die EU fast die Hälfte des benötigten Erdgases und ein Viertel des Erdöls aus Moskau. In Europa hängen die Länder unterschiedlich stark am Gashahn Putins: Der Versorgungsgrad reicht von Finnland (94% des verbrauchten Gases kommen aus Russland) über Deutschland (49%), Italien (46%), Polen (40%) und Frankreich (24%) bis hin zu den Niederlanden (11%) und Rumänien (10%).

Dabei beschreiten die Länder in der Energiepolitik unterschiedliche Wege. Frankreich, das mit 58 Atomkraftanlagen den zweitgrößten Meilerpark der Welt besitzt, setzt weiter auf die Kernspaltung, die zwar kein CO2 verursacht, dafür aber radioaktiven Müll produziert. Österreich nutzt die Wasserkraft: 2016 steuerten regenerative Energien 33,5% des Gesamtenergieverbrauchs bei, aktuell sind es 75%. Bis 2030 soll der ganze Strombedarf der Alpenrepublik aus diesen Quellen gedeckt werden.

Gerade Deutschland wäre von einem Wegfall des billigen Heizkraftstoffs aus Putins Quellen besonders stark getroffen. Denn die Bundesregierung hat sich einem doppelten Ausstieg verschrieben. Nach der Explosion im japanischen Kernkraftwerk Fuku-shima beschloss die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im März 2011 den beschleunigten Ausstieg aus der Kernenergie. Im Koalitionsvertrag der neuen, von SPD-Kanzler Olaf Scholz geführten Ampel-Koalition steht jetzt zudem der Wunsch, das vorher bereits für 2038 beschlossene Aus für die Kohle „nach Möglichkeit“ auf 2030 vorzuziehen. Der doppelte Ausstieg aus Kohle und Kernkraft beschert dem Land mit großer Abhängigkeit vom russischen Gas ein möglichst schnell zu reduzierendes Klumpenrisiko.

Vier Punkte für Deutschland

Um die Versorgungssicherheit der deutschen Industrie und Verbraucher zu verkraftbaren Preisen zu sichern, wird die Bundesregierung eine Reihe von Maßnahmen ergreifen müssen. Erstens müssen neue Gaslieferanten für Deutschland (Katar, Vereinigte Arabische Emirate) gewonnen und Lieferungen aus Ländern wie Norwegen, den USA, Kanada und aus einzelnen Ländern in Latein-amerika verstärkt werden.

Zweitens wird Deutschland das Tempo beim Ausbau der Erneuerbaren Energien erhöhen müssen. Neben verstärk-ten Investitionen in die Smartifizierung der deutschen Stromnetze sind auch die energetische Sanierung deutscher Haushalte und die Elektrifizierung der Mobilität mit noch größeren Förderungen voranzutreiben.

Drittens muss der Kohleausstieg zeitlich gestreckt statt gekürzt werden. Zum deutschen Energiemix der Zukunft werden damit auch importierter Atom- und Kohlestrom gehören.

Und viertens werden sich Industrie und Verbraucher darauf einstellen müssen, dass Energie teurer wird. Die höhere Strom- und Spritrechnung wird aber zugleich auch die Bereitschaft auf allen Seiten erhöhen, mehr in den Ausbau regenerativer Energiequellen zu stecken.

Erneuerbare Energie-Aktien im Aufwind

Die jüngsten Entwicklungen haben natürlich auch Anleger nicht unbeeinflusst gelassen. Schon seit geraumer Zeit befinden sich die Aktien von Erneuerbaren Energie-Produzenten im Aufwind. Damit setzen sie nach dem Corona-Zwischentief einen längerfristigen Trend fort: Umweltskandale wie die Dieselaffäre von VW oder die Ölkatastrophe der Bohrplattform Deep Water Horizon haben dafür gesorgt, dass in der Gesellschaft ein Umdenken stattgefunden hat und die von der Politik angestoßene Energiewende immer stärker mitgetragen wird.

Der vom Internationalen Wirtschaftsforum Regenerative Energien (IWR) 2005 entwickelte Aktienindex für Erneuerbare Energien (RENIXX) hat sich daher in den vergangenen fünf Jahren im Wert verdreifacht. Seit vergangenem November ergibt sich aber ein Kursknick, den Anleger nutzen können: Viele Unternehmen haben wegen notwendiger Investitionen einen hohen Schuldenstand, den Anleger kritisch sehen, seitdem die US-Notenbank Fed schnelle und entschiedene Zinserhöhungen auf die eigene Agenda gesetzt hat.

Ein Filter für die besten Werte

Der Verschuldungsgrad ist daher auch einer der Filter, den wir über das globale Angebot von Aktien aus dem Energiebereich gelegt haben. Nachdem wir Titel herausgenommen haben, die aus unserer Sicht nicht stark genug auf regenerative Quellen setzen, haben wir zunächst nur Unternehmen berücksichtigt, die ihr Kapital so effizient nutzen, dass die Kapitalrendite – in der Regel die Rendite auf das eingesetzte (ROCE) oder investierte (ROIC) Kapital – die durchschnittlichen Kosten für Eigen- und Fremdkapital (WACC) übertrifft. 

In einem zweiten Schritt haben wir dann die Werte identifiziert, die über eine hohe Profitabilität verfügen (EBIT-Marge), in der Vergangenheit möglichst verlässlich Gewinne erwirtschaftet haben und denen Analysten auch für die kommenden Jahre einen stetigen Anstieg beim Gewinn je Aktie zutrauen.

In einem abschließenden Schritt wurde der Verschuldungsgrad (Nettoschulden in Relation zum EBITDA) geprüft. Nur in begründeten Ausnahmefällen sollte die Schuldenlast höher als das Dreifache des erwarteten EBITDAs sein – die Schulden sollten also theoretisch innerhalb von drei Jahren abgebaut werden können. Am Ende haben wir noch das aktuelle Kurs-Gewinn-Verhältnis der ausgewählten Aktien mit der historischen Bewertung verglichen. Unsere drei Top-Favoriten stellen wir Ihnen in diesem Kapitel vor. 

 

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