Multi Family Office – Dienstleister für die Reichen
Nicht nur der einfache Fonds-Sparer, auch betuchte Unternehmerfamilien mussten in der Finanzkrise mächtig Federn lassen. Sie fühlten sich von den Banken teilweise im Stich gelassen und haben verstärkt damit begonnen, sich mit so genannten Family Offices unabhängiger von einer einzelnen Bank zu machen. Mit Hilfe von Beratern fingen sie an, sich selbst um ihr Vermögen zu kümmerten. Banken und Finanzmanager wurden allenfalls noch als Dienstleister mit ins Boot genommen.
Ordnen, verwalten und erhalten
So kam es durch die fatalen Erfahrungen in den Jahren vor und nach dem Zusammenbruch von Lehman zu einer zweiten Gründungswelle von Family Offices, die bis in die Gegenwart anhält. Die erste hatte Mitte der 80er-Jahre begonnen. Damals waren nach der Aufbauphase auch in Deutschland Industriellen-Clans wie die Haniels, Ottos oder Quandts zu nennenswertem Vermögen gekommen und kopierten eine Tradition, die in den angelsächsischen Ländern schon länger Schule gemacht hatte. Family Offices sind in den USA und Großbritannien seit über 150 Jahren die Vermögensverwalter der „Schönen und Reichen“. Sie ordnen das Vermögen, verwalten es und erarbeiten eine langfristige Anlagestrategie, die das Geld auch für die nächsten Generationen sichern soll. Single Family Offices arbeiten dabei ausschließlich für eine Familie, das Multi Family Office steht dagegen im Dienst mehrerer Clans. Die nicht unbeträchtlichen Kosten werden bei einem für verschiedene Familien tätigen Büro auf mehrere Schultern umgelegt. „Investieren wie die Quandts oder Ottos“ ist dabei ein Geschäftsmodell, das nicht nur Kosten spart, sondern auf Dritte sehr anziehend wirken kann, wie der Erfolg einer ganzen Reihe bedeutender Multi Family Offices zeigt.
Als erstes Single Family Office überhaupt gilt das „House of Morgan“, das dieselben Wurzeln hat wie die gleichnamige und heute noch sehr erfolgreiche Großbank J. P. Morgan. Industriemagnaten wie die Rockefellers, aber auch Warenhaus-Könige und Brauerei-Barone taten es der Bankiersfamilie Morgan gleich und bauten Strukturen auf, die das vorrangige Ziel hatten, das erarbeitete Vermögen zu erhalten und dessen Verwaltung einfacher und effizienter zu gestalten. Bisher kostete es die Nachfolgegenerationen der Firmengründer viel Zeit und Geld, das große und mitunter verstreute Vermögen übersichtlich zu verwalten. Auch waren die Bemühungen um den Erhalt nicht immer von Erfolg gekrönt. Die Lösung, ein Büro für die Familie zu gründen, die Vermögensverwaltung zu bündeln und mit Banken, Steuerberatern und Juristen zu kooperieren, ist eine der grundlegenden Ideen des Family Office.
Transparente und erfolgsabhängige Kosten
Banken verlangen von ihren Top-Kunden zwar einen ähnlichen Obolus wie ein Family Office, nehmen darüber hinaus aber gern versteckte Gebühren, indem sie zumindest in der Vergangenheit Kunden nicht das Beste, sondern auch minderwertige hauseigene Fonds ins Depot legten. Auch kam es vor, dass sie hohe Aufschläge beim Kauf und Verkauf von Wertpapieren kassierten, wenn sie die Aufträge an die Kollegen im bankeigenen Handelssaal weiterleiteten. Mit dem Family Office sind Vermögende in der Lage, verschiedene Banken und Berater gegeneinander antreten zu lassen. Beauty Contests gehören zur täglichen Arbeit eines Family Office. Ob Anwalt, Bank oder Steuerberater – nur das Beste in der jeweiligen Sparte ist gut genug, um für das Familienvermögen eingespannt zu werden, wo über Generationen die Devise gilt, nicht den Gewinn zu maximieren, aber den Erhalt des Vermögens zu ermöglichen. Eine Garantie gibt es nicht, wie aktuell der Verfall des Reichtums der Haniels vor Augen geführt hat. Ein zerstrittener Clan, die falschen Berater – schon eines von beidem reicht, um ein Riesenvermögen klein zu kriegen.
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