Rezflation – Rettungsschirm für Ihr Vermögen

Ein langer Weg zur neuen Normalität

Die 2022 aus ihrem 40-jährigen Dornröschenschlaf erwachte Inflation zwingt alle Finanzmarktsegmente zur Neuorientierung. Neue Trends für Inflation und das künftige Wachstum müssen sich herausbilden. Den Kapitalmärkten steht daher 2023 ein weiteres Aufklärungsjahr bevor, das Wirtschaft, Politik und Gesellschaft fordern wird.

Der Krieg in Osteuropa und Spätfolgen der langwierigen Coronakrise haben die Inflation aus einem 40-jährigen Dornröschenschlaf geholt. Einmal erwacht, lässt sich die Inflation nicht so leicht wieder beruhigen. Da die Preisentwicklung sowie die daraus folgenden Zentralbankreaktionen zentrale Werttreiber für Vermögensgüter darstellen, sind alle Finanzmarktsegmente seit Beginn des Jahres 2022 in eine Phase der Neuorientierung getreten. Eine Eigenschaft dieser Phase lautet, dass sich erst langsam eine herrschende Meinung über die neuen Trends für Inflation und Wachstum der kommenden Jahre herausbilden wird. Daher war im Jahr 2022 nach zunächst heftigen Kurskorrekturen sowohl an den Anleihemärkten als auch an den Aktienmärkten keine eindeutige Richtung mehr zu erkennen. Aktien- und Rentenmärkte pendelten über große Strecken des Jahres 2022 unter hohen Schwankungen seitwärts. 2023 wird an den Kapitalmärkten ein weiteres Aufklärungsjahr sein: Wie lauten nach der Corona- und der Energiekrise die neuen Wachstums- und Inflationsgeschichten? Es stehen herausfordernde Jahre bevor. Dies gilt sowohl für Wirtschaftswachstum und Preisstabilität, wie auch für Politik und Gesellschaft.

2023 WIRD AN DEN KAPITALMÄRKTEN EIN WEITERES AUFKLÄRUNGSJAHR SEIN

Europa erlebte 2022 den schnellsten und stärksten Inflationsausbruch seit einem halben Jahrhundert. Noch im Juli 2021 lag im Euroraum die Rate unter 2%, was davor mit einer kurzen Ausnahme 100 Monate ununterbrochen der Fall gewesen war. Ein Jahr später lag der Wert weit über 8%. Gegenwärtig ist dabei die Wucht der Inflation so groß, dass selbst eine sich abschwächende Konjunkturentwicklung nicht zu einer ausreichenden Entlastung führen wird. Auch im Jahr 2023 wird die Inflationsrate sowohl in den USA als auch im Euroraum im Durchschnitt in der Größenordnung von 4% und darüber liegen und das, obwohl zumindest der Euroraum durch eine energiepreisbedingte Rezession im Winterhalbjahr geht. Die ursprünglichen hohen Erwartungen in die Konjunktur haben sich damit in ihr Gegenteil verkehrt.

Der eigentliche Paradigmenwechsel an den Kapitalmärkten besteht darin, dass eine sich seit Beginn der 1990er-Jahre verfestigende Gewissheit ins Wanken geraten ist, nämlich, dass die Inflation eigentlich verschwunden sei. Für die Kapitalmärkte ist nun entscheidend, ob dieser begonnene Inflationsprozess wieder gestoppt werden kann, oder ob das kommende Jahrzehnt eine Inflationsdekade wird, womit eine grundlegende Umorientierung der Geldanlage einhergehen würde.

Bei den Ursachen ist zwischen kurzfristigen, plötzlich auftretenden Phänomenen, exogenen Aspekten und hausgemachten Fehlern sowie langfristigen Fehlentwicklungen zu unterscheiden. Die kurzfristigen Auslöser dieser Rückkehr der Teuerung sind in den Wirren der Corona-Wirtschaft und dem neuen geopolitischen Schock des Kriegs in Osteuropa zu finden. Das gesamtwirtschaftliche Angebot insbesondere in der Industrie wird durch hohe Energiepreise massiv beeinträchtigt. Dies ist nicht verwunderlich, fehlen dem Weltmarkt aufgrund der weltweiten Sanktionen gegen Russland wegen des offenen Bruchs des Völkerrechts mehr als 10% der Rohstoffversorgung. Preiserhöhungen und eine geringere Produktion sind die Folge. Diese war als erstes sehr direkt in der Bauwirtschaft zu beobachten, die bereits im Jahr 2022 ihre realen Produktionsaussichten von Wachstum auf Schrumpfung umgekehrt hat.

Sehr häufig wurde der Inflationsausbruch mit den Angebotsbeschränkungen in der Corona-Zeit in Verbindung gebracht. Die eigentliche Ursache dürfte jedoch eher auf der Nachfrageseite zu suchen sein. Fiskalische Unterstützungspakete von 20% in Relation zum Bruttoinlandsprodukt und darüber, die insbesondere in den USA zur Stabilisierung des Corona-Schocks binnen 18 Monaten über dem privaten Sektor ausgeschüttet worden sind, haben zu einer Steigerung der gesamtwirtschaftlichen Konsumnachfrage geführt, die in ihrer Konzentration auf den Gütersektor wahrscheinlich auch eine „gesunde“ Weltwirtschaft in ihren Angebotskapazitäten überfordert hätte. Auch die Geldpolitik der vergangenen Jahre begünstigte diese Nachfrageentwicklung durch eine mehr oder weniger direkte Finanzierung der damit verbundenen enormen Haushaltsdefizite der Staaten.

Die Kraft von Inflationsprozessen ist nicht zu unterschätzen. Bleibt die Kombination von hoher gesamtwirtschaftlicher Nachfrage bei eingeschränktem Angebot bestehen, so ist die Gefahr der Verselbstständigung und Beschleunigung der Inflation groß. Die Wirtschaftsakteure werden durch fortlaufende Inflationsberichte an hohe Inflationsraten gewöhnt und extrapolieren sie in die Zukunft, was ihr eigenes Preissetzungsverhalten zu beeinflussen beginnt: Zweitrunden in Gestalt von „inflationsausgleichenden“ Lohnerhöhungen setzen ein. Im Spätsommer 2022 ist dieser Prozess in den USA bereits weit vorangeschritten. Hier steigen die Stundenlöhne bereits mit Raten von 6% und mehr. In Europa ist diese Entwicklung aufgrund der trägeren Lohnbildungsmechanismen noch nicht in Gang gekommen, aber auch hier wäre mit fortdauernder Inflation damit zu rechnen. Allerdings häufen sich die Anzeichen für eine abkühlende gesamtwirtschaftliche Nachfrage. Das Konsumvertrauen der privaten Haushalte hat bereits historische Tiefpunkte erreicht, die horrende Teuerung hat zu einer realen Entwertung der Konsumnachfrage geführt und die staatlichen Unterstützungsprogramme können höchstens ein Drittel der Kaufkraftverluste ausgleichen. Dies, zusammen mit nachlassenden Notierungen für Rohstoffe, spricht dafür, dass der Inflationsdruck im Jahr 2023 deutlich nachlassen wird. Für die Finanzmärkte ist jedoch entscheidend, ob darüber die Zielzonen der Notenbanken für die Inflation wieder erreicht werden. Diese Zielzone liegt bei einer Inflationsrate von 2%, da nur bei einem solchen Wert die allgemeine Preisentwicklung aus dem Bewusstsein der Wirtschaftsteilnehmer wieder verschwindet. Neben den bereits erwähnten nachfragereduzierenden Einflüssen ist hierfür jedoch wahrscheinlich eine zumindest leicht restriktive Geldpolitik der Notenbanken notwendig. Anders als es viele Kapitalmarktteilnehmer bis weit ins Jahr 2022 hinein erhofft haben, werden daher die Zinsen wohl nicht gleich wieder sinken. Geldmarktsätze von gut 3,5% in den USA und 2% im Euroraum werden deshalb für eine ganze Weile vorherrschen, selbst wenn eine weiterhin flache Zinskurve die grundsätzlichen Erwartungen an den Kapitalmärkten reflektieren sollte, dass die nächsten Zinsschritte der Notenbanken abwärtsgerichtet sein werden. Die moderat risikoträchtigen Segmente des Anleihesektors, insbesondere Anleihen von Unternehmen guter bis mittlerer Bonität, dürften unter diesen Umständen im Jahr 2023 ebenfalls wieder attraktiv werden.

 

Viel Umbruch birgt auch enorme Chancen

Die Aktienmärkte haben nach anfänglichen deutlichen Kurskorrekturen im Jahr 2022 erst einmal auf Abwarten geschaltet. Angesichts der Risiken aus Geopolitik sowie der Wachstums- und Inflationsentwicklung wird es auch zu Beginn des Jahres 2023 schwierig sein, diese abwartende Haltung zu durchbrechen. Die Gewinnschätzungen der börsennotierten Unternehmen diesseits und jenseits des Atlantiks werden wohl bis zum Jahresende 2022 weiter zurückgenommen werden. Die Geldpolitik muss ihren strafferen Kurs fortsetzen. In Europa dokumentieren zumindest Bewertung, Positionierung und Sentiment aber bereits eine ausgeprägte Skepsis der Anleger. Optimismus ist wohl eher wieder für die mittlere Sicht angezeigt, wenn ein neuer Investitionszyklus in Gang gekommen ist. Dies könnte einen Startpunkt für einen neuen Zyklus darstellen. Die Unternehmen müssen ihre Produktion robuster gegen geopolitische Risiken sowie nachhaltiger gegen Klimarisiken machen. Das bedeutet den größten Umbau der Weltwirtschaft nach der Einführung der globalisierten Produktionsabläufe in den vergangenen fünfzig Jahren und bietet vielen Unternehmen enorme Chancen. Längerfristig kann man also weiter auf die Aktie als wesentliche Vermögenssäule setzen. Insbesondere in ausgeprägten Schwächephasen können Aktienpositionen ausgebaut werden. Längerfristig muss wohl auch auf dieses Instrument gesetzt werden, denn das bequeme und risikoärmere Anlagevehikel der Bankeinlage wird trotz der Rückkehr der Zinsen weiterhin weniger erwirtschaften als die Inflation an Kaufkraft des Vermögens wegfrisst.

 

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