Rezflation – Rettungsschirm für Ihr Vermögen

Stunde Null – Die Suche nach dem „Dritten Ort“

Das aktuelle wirtschaftliche und politische Umfeld stellt Unternehmen vor große Herausforderungen. Betroffen ist davon auch der Immobilienmarkt, insbesondere Flächen für Einzelhandel und Büros. Selbst der zuletzt verwöhnte Wohnimmobilienmarkt gerät unter Druck und die bislang üppigen Wachstumsraten schmelzen dahin. Die Krise ist jedoch auch eine Zeit für Innovationen und neue Konzeptideen. Sie bietet dem antizyklisch operierenden Investor eine große Chance, wenn er bereit ist, neue Trends und künftige Entwicklungen zu erkennen und zu nutzen.

Schon die über zwei Jahre währende Corona-Pandemie hatte den Einzelhandel in vielen Bereichen über die Maßen strapaziert. Die Pandemie legte dabei das strukturelle Problem des stationären Einzelhandels offen, der zunehmend Marktanteile an den Onlinehandel verliert. Die Situation ist nicht auf Deutschland begrenzt. In den USA schließen inzwischen jährlich beinahe doppelt so viele Läden wie neue eröffnet werden. Hierzulande wird es laut dem deutschen Branchenverband HDE 2022 bis zu 47 000 Geschäfte weniger geben als noch 2020 und etwa 75 000 weniger als im Jahr 2015.

Die Konsumstimmung im Herbst 2022 ist noch schlechter als zu Corona-Zeiten. Die hohe Inflation, galoppierende Energiekosten und Rezessionsängste als Folgen des Ukraine-Krieges verderben den Menschen die Kauflust. Der HDE spricht von einer „Abrisskante beim Konsum“, was den Einzelhandel, der praktisch ohne Reserven in die Krise muss, umso härter trifft. Die Auswirkungen der Krise des stationären Einzelhandels sind praktisch und besonders in den deutschen Innenstädten erkennbar, die vielerorts unter einem überholten städtebaulichen Leitbild einer überwiegend monothematisch geschaffenen Konzentration auf den Einzelhandel leiden.

 

Druck von vielen Seiten

Zusätzlichen Druck auf die Innenstädte üben die sogenannte Energiewende und die Eindämmung des Individualverkehrs aus. Die Schließung von Zufahrten, Plätzen und ganzen Straßenzügen macht die Erreichbarkeiten für das Shopping-Erlebnis in den Cities immer weniger vergnüglich. Profiteure dieser Entwicklung sind die Fachmarktagglomerationen in den Randlagen, die die Kunden mit guter Erreichbarkeit und kostenlosem Parken den Innenstädten entziehen.

Parallel hat die Corona-Krise in einem zweiten gewerblichen Immobilienmarkt ebenfalls für einen Strukturbruch gesorgt. Dass Mitarbeiter weit verstreut von zuhause ihre Arbeit am Homecomputer erledigen und ganze Abteilungen in Unternehmenszentralen viele Tage in der Woche leerstehen oder kaum noch genutzt werden, war noch vor wenigen Jahren undenkbar. Eine aktuelle Studie konnte zeigen, dass die Auswirkungen der Pandemie auf die Büroimmobilienmärkte in Deutschland besonders stark sind. So verbrachten deutsche Arbeitnehmer vor Corona, also vor dem Jahr 2020, im Schnitt noch 4,5 Tage pro Woche im Büro. Heute beläuft sich die Quote lt. Studie auf 2,3 Tage, dürfte sich aber nach dem Ende der Pandemie wieder leicht auf 2,6 Tage pro Woche erhöhen.

Damit zeichnet sich für die Nutzung der Büroflächen ein wichtiger Trend ab. Das Büro muss das sogenannte hybride Arbeiten aktiv unterstützen, damit Angestellte gesunde Routinen entwickeln und etablieren können. Die Voraussetzung dafür ist, dass ein Büro die Vielfalt der Arbeitsweisen und -prozesse von konzentrierter Einzelarbeit bis zu kollaborativem Arbeiten im Team abdecken kann. Eine strikte Trennung von Homeoffice und Teamarbeit im Büro könne nicht auf Dauer funktionieren und entspricht nicht den Anforderungen an eine moder-ne Kommuniktionskultur.

Die Büroflächen sollten daher möglichst flexibel ausgestattet sein und eine erhöhte Aufenthaltsqualität mit Treffpunkten wie etwa einer großzügigen Küche sowie offenen und geschlossenen Besprechungsräumen bieten. Hinzu kommen die Anforderungen an das „coronagerechte Büro“, mit entsprechenden Schutzkonzepten, falls die nächste Pandemie anrollen sollte. Dies alles gilt auch für aktuell fertiggestellte Flächen, die bei falscher Konzeptionierung möglicherweise schon in fünf Jahren zu den „stranded assets“ gehören könnten.

Im Kern geht es darum, die Kommunikation so optimal wie möglich herzustellen, um Reibungsverluste, Doppelarbeiten, Abstimmungsfehler usw. im Büroalltag zu vermeiden und bei hoher Effizienz wachsende Arbeitsergebnisse zu erzeugen.

 

Einzelhandel – Verschmelzen der Welten

Das Thema Kommunikation gewinnt auch für die Entwicklung neuer oder optimierter Einzelhandelsflächen zunehmend an Bedeutung. Die heutige Kundengeneration ist damit groß geworden, unabhängig von Zeit und Ort zu kommunizieren, zu suchen, zu vergleichen und dann zu kaufen. Erwartet werden eine große Produktauswahl, hohe Qualität, zunehmend maßgeschneiderte Angebote und ein personalisierter Service. Das Beste also aus den beiden Welten „Online“ und „Offline“.

Um den Kunden der Zukunft zufriedenzustellen, müssen in der logischen Konsequenz Offline- und Online-Welt verschmelzen. Experten sprechen von einem „dritten Ort“ (Third Place). Nach dem Zuhause und dem Arbeitsplatz  ist dieser dritte Ort ein Ort, an dem sich Menschen gern aufhalten, ein Ort des Ausgleichs und der Entspannung, der sich gut als sozialer Treffpunkt eignet. An einem solchen dritten Ort kauft man nicht einfach nur ein, sondern erfährt personalisierte Erlebnisse, Unterhaltung, interaktive Dienste und genießt dabei Essen und Trinken.

Einige namhafte Betreiber haben bereits begonnen, die beiden Welten zu verschmelzen und auf ihren Flächen diesen „dritten Ort“ zu schaffen. Zum Beispiel der Kaffeeanbieter Starbucks, der in seinem neuen Flagship-Store ein außerordentliches Ladendesign mit einem einmaligen Lichtkonzept zu einem exklusiven Angebot entwickelt hat. Bereits beim Eintreten in den Store wird der Raum über zwei Etagen offengehalten und der Blick auf die Kaffeerösterei gerichtet. Jedes Produkt wird als Kunstwerk präsentiert, was den Qualitätsanspruch untermauert. Dem Komfort und der Kommunikation dienen verschiedene Sitzkonfigurationen zum Chatten, Arbeiten oder Entspannen.

Auch die Marke Massimo Dutti hat bereits beispielhaft einen „dritten Ort“ geschaffen. Auf rund 900 qm und zwei Etagen wurde im Münchener Store ein Ort konzipiert, der Mode mit Kunst verbindet. Außerdem können Kunden über eine interaktive Umkleidekabine Artikel in anderen Größen anfordern, ergänzende Informationen oder passende Kleidungsstücke abrufen, bei Bedarf online bezahlen und nach Hause schicken lassen. Ähnliche Konzepte lassen sich bei vielen namhaften Anbietern entdecken, die die neuen Trends aufgreifen und aus dem veränderten Kundenverhalten neue Konzepte ableiten.

Dass erfolgreiche Betreiber den neuen Konzepten nachkommen bzw. selbst welche entwickeln sollten, ist somit die Grundlage für den künftigen Erfolg. Eine wesentliche Aufgabe kommt aber auch den Immobilienentwicklern und Bestandshaltern zu, um für eine nachhaltige Vermietbarkeit ihrer Immobilien zu sorgen und dabei Wertbeständigkeit und Wertsteigerung bereits während der Entwicklung zu erreichen.
Auch bei den großen Flächen in innerstädtischen Räumen ist bei den Eigentümern Kreativität gefragt. Nicht nur neue Konzepte, sondern für grundlegend andere Nutzungen müssen die Voraussetzungen geschaffen werden. Dabei kommt es auf Immobilienangebote an, die eine gemischte Nutzung der Flächen ermöglichen. Denn während der stationäre Einzelhandel auf dem Rückzug ist, ziehen neue Nutzergruppen in die Innenstädte. Behörden nutzen die Chance, in ihre Cities zurückzuziehen, nachdem sie sich über Jahrzehnte hinweg und aufgrund des allgemeinen Wachstums der kommunalen Verwaltungen manchmal über die halbe Stadt verteilen mussten. Die Behörden können so eine bessere Nähe zu ihren Bürgern, ja sogar „dritte Orte“ schaffen. Neue, moderne Bürgerzentren sind gute Beispiele.

Neben den Behörden suchen Ärzte-Gemeinschaften zentral gelegene Flächen, um Kliniken oder ganze Behandlungszentren einzurichten. Ähnliches gilt für Pflegeeinrichtungen für die zunehmende Zahl älterer Menschen, die über ausreichende Mittel verfügen, in zentralen Lagen ihren Lebensabend zu verbringen. Sogar Wellness-Oasen oder Fitnesszentren haben die Möglichkeit, in den generell gut erreichbaren Citylagen neue Angebote zu schaffen. Schließlich können auch unterschiedliche Wohnformen, etwa studentische Einrichtungen, betreutes Wohnen oder generell Wohngemeinschaften Platz in den sich neu strukturierenden Innenstädten finden.

Angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ist davon auszugehen, dass sich der Immobilienmarkt neu finden muss. Steigende Zinsen, erhöhte Renditerwartungen und sich verteuernde Bau- und Energiekosten führen dazu, dass sich die meisten Investoren abwartend verhalten und sich neue Preis-und Bewertungskriterien herausbilden werden. Auch der Mietermarkt wird sich aufgrund reduzierter Umsatzerwartungen im Einzelhandel und der drastischen Verteuerungen bei den Nebenkosten teilweise neu definieren. Gleichzeitig wird es weniger neue Produkte geben, da einige wohlgemeinte Konzepte derzeit nur schwer finanzierbar sind, die Nutzer oder Käufer fehlen und Mindestrentabiltitäten wegen steigender Kosten nicht mehr darstellbar sind.

Diese Neusortierung bildet aber auch die Chance für neue Produkte und Konzepte und eröffnet neue Geschäftsfelder für Entwickler und Investoren. Für Immobilieninvestoren entscheidend ist dabei auch, dass sich genügend „dritte Orte“ bilden können, denn nur so werden Wertbeständigkeit und Wertsteigerung der Immobilien gesichert. Die „Stunde Null“ bedeutet deshalb, einen neuen Anfang zu finden und diesem wohnt bekanntermaßen schon immer „ein besonderer Zauber“ inne.

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