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Familienstiftungen – Viel individueller Gestaltungsspielraum

Interview mit Dr. Axel Wenzel, Partner, Oppenhoff, Köln und Hamburg `'
Interview mit Dr. Axel Wenzel, Partner, Oppenhoff, Köln und Hamburg © dfv Euro Finance Group

_ Die Gestaltung der Ertragslage lässt sich schon deutlich früher als erst in der Anlagestrategie beeinflussen, nämlich schon bei der Wahl der Stiftungsform. Aus der Praxis wissen die Oppenhoff-Anwälte Axel Wenzel und Gregor Seikel, dass eine Familienstiftung oftmals den Bedürfnissen ihrer Kunden entspricht, die ihr Vermögen vor Erbstreitigkeiten und externen Gläubigern schützen und erhalten wollen.

Zur Asset Protection sei die Familienstiftung gut geeignet, erklärt Wenzel, betont aber auch, dass Familien für den für Stiftungen charakteristischen Ewigkeitsgedanken und das hohe Ansehen dieser Rechtsform Flexibilität opfern, die etwa bei einer Familienvermögensverwaltungsgesellschaft erhalten bliebe. Letztlich entscheide der Einzelfall, etwa wenn die Nachkommen einer vermögenden Familie wenig Interesse am Management der familiären Assets (z. B. Immobilien) haben, weiß auch Anwaltskollege Seikel. Als vor dem Gesetz privatnützig, greifen bei der Familienstiftung viele Möglichkeiten, die im Zivilrecht Gültigkeit haben, wodurch sich die Ergebnisgestaltung und steuerlichen Überschüsse stark individualisieren lassen.

Die mittlerweile verabschiedete Stiftungsrechtsreform werten die Rechtsexperten indes nicht als großen Wurf. Eher würde die Novelle den Status quo zementieren, so Wenzel. So gelte der gesetzliche Ermessenspielraum eines Stiftungsvorstandes bei der Kapitalanlage auch heute schon. Gerade im schwierigen Niedrigzinsumfeld ist dies eine wichtige Absicherung für Vorstände. Kritisch wiederum sehen Wenzel und Seikel die in der Reform zu ungenau formulierte Vorgabe des „ungeschmälerten“ Erhalts des Grundstockvermögens. Dennoch, grundlegende Änderungen gibt es mit der neuen Stiftungsrechtsreform keine, hier und da besteht aber Handlungsbedarf. Da die Reform erst 2023 in Kraft tritt, bleibt Stiftern noch ausreichend Zeit.

Quo vadis Stiftungsrechtsreform – Auswirkungen auf Satzung und Grundstockvermögen

Die lange Übergangszeit diene dazu, die jeweiligen Landesstiftungsgesetze anpassen und vereinheitlichen zu können, erklärt Judith Mehren (Flick Gocke Schaumburg), die im Panel mit Petra Träg (SOS-Kinderdorf-Stiftung), Stefanie Kreyenhop (Gemeinnützige Hertie-Stiftung) und Christoph Mecking (Dr. Mecking) über die Auswirkungen der Reform in der Praxis diskutierte.

Die Stiftungsrechtsnovelle spaltete die Gemüter. Anders als Vorredner Wenzel, sieht Mehren die Reform durchaus als großen Schritt, deren einheitlicher Rahmen Klarheit schafft. Rechtsanwalt Mecking unterschreibt das nicht. Auch er kritisiert, dass genau diese Vereinheitlichung an den realen Bedürfnissen von Stiftungen, die sehr individuell sind, vorbeigehe und den Gestaltungsfreiraum begrenze. Vor diesem Hintergrund begrüßt er, dass nicht auch der (Grundstock-)Vermögenserhalt in ein one-fits-all-Korsett gepresst wird und die Interpretation zulässt, was genau „ganzheitlicher“ Erhalt (nominal, real, gegenständlich) im Einzelfall bedeute. Petra Träg und Stefanie Kreyenhop plädieren für eine konkrete Anlagerichtlinie, um genau diese Frage zu vermeiden. Bei ihren beiden Stiftungen werde eindeutig der reale Grundstockvermögenserhalt festgelegt.

Was der Stiftungsarbeit merklich zugutekommen wird, ist die Regelung der Umschichtungsrücklage, nach der Umschichtungsgewinne künftig dem Stiftungszweck zufließen können, ohne dass dies eine entsprechende Satzungsänderung erfordert, erklärt Kreyenhop. Sie weiß es zu schätzen, dass die „Verfassung“ der Gemeinnützigen Hertie Stiftung unangetastet bleiben kann. Das Thema Satzungsänderung spielt im neuen Gesetzestext eine große Rolle. Künftig wird konkret in drei Schwierigkeitsstufen kategorisiert, unter welchen Umständen eine Änderung möglich ist. Für einen kompletten Zweckaustausch einer Stiftung bspw. werden die Hürden sehr hochgesetzt, während eine Umwandlung, etwa von einer Ewigkeits- in eine Verbrauchsstiftung, leichter umzusetzen sein wird. Vieles, so Mehren, habe auch schon eine Vorwirkung auf bestimmte heutige Handlungspflichten und Auslegungsfragen.

Fotos: v.l.n.r.: Axel Wenzel und Gregor Seikel von Oppenhoff über das Für und Wider von Familienstiftungen sowie v.l.n.r.: Petra Träg (SOS-Kinderdorf-Stiftung), Stefanie Kreyenhop (Gemeinnützige Hertie-Stiftung), Christoph Mecking (Kanzlei Dr. Mecking), Moderatorin Judith Mehren (Flick Gocke Schaumburg). Fotograf: Billart by Bernd Ollinger.

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