Indien – Noch kein Land in Sicht
kaum neue staatsAusgaben _ Indiens Wirtschaft wurde von der Corona-Pandemie besonders hart getroffen, da die Dienstleistung und hier speziell die Unternehmensdienstleistungen eine tragende Rolle spielen. Entsprechend tief ist dieser Sektor eingebrochen. Der Einkaufsmanager-Index für die Service-Unternehmen legte per Juli leicht zu auf 34,2 Punkte nach 33,7 Punkten im Juni. Er steht damit aber sehr tief im Rezessionsbereich: Auftragseingänge, Umsätze, Arbeitsplätze und nicht zuletzt die Stimmung sind nach wie vor im nur leicht gebremsten freien Fall.
Nur wenig besser ist die Lage im verarbeitenden Gewerbe. Auch hier schrumpfen Produktion, Auftragseingänge und Beschäftigung. Der Abwärtstrend hat sich zuletzt sogar wieder leicht beschleunigt, der Einkaufsmanager-Index fiel per Juli auf 46 Punkte zurück nach 47,2 im Vormonat. Lediglich bei der Landwirtschaft haben die Währungshüter ihrer jüngsten Stellungnahme zufolge einige positive Aspekte ausgemacht: Die günstige Monsun-Saison habe ausreichend Wasser für eine gute Ernte und damit positive Wachstumsbeiträge der Bauern gebracht.
Die Verantwortlichen halten natürlich dagegen. Die Regierung agiert mit den üblichen Ausgaben-Instrumenten. So kündigte sie im Mai neue Hilfen im Umfang von 21 Billionen Rupien (etwa 277 Mrd. US-Dollar oder rd. 10% vom BIP) an. Damit bewegte sie sich in den Größenordnungen, in denen auch andere Regierungen die Folgen der Corona-Pandemie angehen. Ein genauerer Blick auf die Pläne und Ankündigungen fördert enttäuschendes zutage: Der tatsächliche Umfang der zusätzlichen Ausgaben beträgt nach Schätzungen des Commerzbank-Researchs nur etwa ein Zehntel der in den Reden präsentierten Potemkinschen Dörfer. Tatsächlich komme nicht mehr als etwa 1% vom BIP als echter zusätzlicher Anstoß hinzu. Die meisten Initiativen wurden entweder schon früher angekündigt oder sie betrafen mittelfristige Reformen auf der Angebotsseite. So fehlt es vor allem an direkten Finanzspritzen an die privaten Haushalte, deren Konsum die Nachfrage kurzfristig stützen könnte. Entsprechend holprig, uneinheitlich und per Saldo eher flach präsentiert sich daher die Erholung. Der (für sich geringe) Rückgang des Index für das verarbeitende Gewerbe unterstreicht, dass sogar kleinere Rückschritte dazu gehören.
Die Reserve Bank of India (RBI) ließ die Zinssätze im August unverändert bei 4%, behielt jedoch eine expansive Ausrichtung bei. Sie wird zunächst die Inflation und die Entwicklung der Devisenkurse im Auge behalten. Die Inflation lag im 1. Hj. mit 6,6% nicht nur vergleichsweise hoch, sondern auch über dem oberen Limit des Inflationsziels von 2 bis 6% und legte per Juli noch einmal zu auf 6,9%. Angesichts der positiven Aussichten der Bauern dürfte der Druck von den Lebensmittelpreisen her nachlassen, dennoch ist der Spielraum der Währungshüter für unterstützende Lockerungen vorläufig kleiner als in den Prognosen angenommen. Hier besteht das Risiko einer sich selbst verstärkenden Abwertung der Rupie, die von negativen Überraschungen bei der Inflation ausgelöst wird.
Wir raten daher zur Vorsicht gegenüber dem indischen Markt, er sollte allenfalls neutral gewichtet sein.
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