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Zentralasien – Krisenherd Putin

Der armenisch-aserbeidschanische Konflikt stört die Ruhe in der Kaukasus-Region.
Der armenisch-aserbeidschanische Konflikt stört die Ruhe in der Kaukasus-Region. © CC0

_ Auch wenn der Ukraine-Krieg tausende Kilometer entfernt ausgefochten wird, gerät die Wirtschaft der zentralasiatischen Republiken in die Mühlen des mittlerweile auch als Wirtschaftskrieg ausgetragenen Konflikts. 

Ein auf den ersten Blick schon fast absurd wirkendes Schlaglicht lieferte eine Nachricht aus Kasachstan: Die Regierung in Nur-Sultan hat offenbar mit Lettland vereinbart, die über See gehenden Ex- und Importe v. a. von Erzen und Metallen über Riga, Ventspils und Liepaja zu verschiffen. Die im Außenhandel engagierten Unternehmen meiden die traditionell genutzten russischen Häfen, weil sie zunehmend damit konfrontiert werden, dass westliche Häfen dann den Umschlag von Ladungen aus Kasachstan verweigern.

Die Verflechtung mit Russland durch die Eurasische Wirtschaftsunion (EAWU) und die von der UdSSR her auf Russland ausgerichteten Transportwege werden für den Export zum existenziellen Problem. Das gilt namentlich für den Rohölexport, der für Kasachstan rund 14% des BIP und 57% der Ausfuhren ausmachen. Der Großteil dieser Ölexporte läuft über eine Pipeline mit einer Kapazität von rund 60 Mio. Tonnen pro Jahr von den westlichen Ölfeldern Kasachstans durch Südrussland zum russischen Schwarzmeer-Ölterminal in Noworossijsk, das nicht weit vom umkämpften Mariupol entfernt ist. Sobald die Tanker Noworossijsk anlaufen, muss eine erhebliche „Kriegsprämie“ gezahlt werden. Es mehren sich aber v. a. die Stornierungen.

Die Lagermöglichkeiten werden bereits knapp, die Tanks sind fast voll. Es stehen zwar noch weitere russische Pipelines zur Verfügung, die aber allesamt ein zentrales Problem haben: Kasachisches und russisches Öl werden gemischt, womit diese Kanäle anfällig für Sanktionen sind. Es bleibt noch die Baku-Tiflis-Ceyhan-Pipeline in die Türkei, die allerdings eine (kostenträchtige) Verschiffung über das Kaspische Meer voraussetzt. Die Türkei hat die Transitgebühr von 0,55 auf 2,00 US-Dollar je Barrel fast vervierfacht. Auch die Einfuhren geraten unter Druck, die dringend benötigten Futtermittelimporte aus Brasilien werden knapp.

Die Abhängigkeit von Russland als Transitland für Waren macht die Versorgungskette zentralasiatischer Republiken besonders anfällig. Die Suche nach Alternativen hat daher allenthalben hohe Priorität, wie etwa die stärkere Nutzung transkaspischer Routen von den kasachischen Häfen Aktau und Kuryk über den Südkaukasus und die Türkei nach Europa oder die Entwicklung der transafghanischen Bahntrasse vom usbekischen Termes ins pakistanische Peshawar mit dem Anschluss an die Häfen Gwadar und Karachi.

Die in Russland im Gefolge der Sanktionen aufziehende scharfe Rezession macht diese Suche nach neuen Verbindungen noch dringlicher, denn es droht ein Einbruch der umfangreichen Transfers der in Russland beschäftigten Arbeitsmigranten, die bis zu einem Drittel (Kirgistan) vom BIP ausmachen. Die aktuelle Krise dürfte die Reformbemühungen zwar kurzfristig zugunsten einer Stabilisierung bremsen, aber auf längere Sicht durch den Zwang, sich von Russland und den geopolitischen Abenteuern Putins unabhängiger zu machen zusätzlich antreiben.

Die Region sollte zumindest im Rahmen einer auf Frontiermärkte ausgerichteten Strategie kontinuierlich beobachtet werden. 

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