Aktien-Momentum-Strategie

Depot-Räumung nach Warnsignal

Auch wenn die vergangenen Wochen nicht wirklich darauf hindeuten, sind die mittel- bis langfristigen Vorteile von Momentum-Strategien an den Aktienmärkten doch durch zahlreiche wissenschaftliche Studien, Backtests und auch Umsetzungen in der Praxis mehrfach nachgewiesen worden. Die überdurchschnittlichen Renditechancen lassen sich aber nur erzielen, wenn man auch in den Schwächephasen durchhält, so wie wir sie gerade erleben. Wer jetzt entnervt aufgibt und sein „eigenes Ding“ macht, wird bei der irgendwann einsetzenden Aufholjagd wahrscheinlich nicht dabei sein.

Unter Berücksichtigung des zu Jahresbeginn auf 70% erhöhten Ziel-Depotanteils unserer Aktien-Momentum-Strategie hätten wir mit dem hier gefahrenen Ansatz im Gesamtdepot zwischen 2004 und 2018 im Schnitt eine jährliche Rendite von gut 27% eingefahren. Nur in 14% aller rollierenden 12-Monats-Perioden wäre ein Verlust angefallen, der uns im schlechtesten Fall ein Minus von 20% beschert hätte. Auf der anderen Seite hätte die Performance in drei von zehn Perioden bei über 40% gelegen und in der Spitze sogar einen Wert von 110% erreicht. Natürlich können diese Ergebnisse für die Zukunft nicht garantiert werden. Als Mutmacher sind sie in diesen schweren Zeiten aber durchaus angebracht.

Nie in Vergessenheit geraten sollte dabei, dass an der Börse immer alles ganz anders laufen kann. Diese Erfahrung haben wir bei unseren wikifolios machen müssen und nun leider auch in unserem Depot. Einen Monatsverlust von 26% (wie jetzt im Februar) hatte es in den Rückrechnungen für das Gesamtdepot nie gegeben. Kurseinbrüche bei einer Strategie wurden da in vielen Fällen von den Erfolgen einer anderen Strategie zumindest teilweise aufgefangen. Diesmal kam es gleich in zwei Strategie-Bausteinen zu empfindlichen Verlusten. Das ist aber natürlich auch den Märkten geschuldet, wo es einen solch dynamischen Kurseinbruch in so kurzer Zeit zuvor auch noch nicht gegeben hatte. Wir haben darunter besonders stark gelitten, was ärgerlich ist. Wir werden aber mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auch Zeiten erleben, in denen wir mit unserer Strategie überdurchschnittlich stark von einer Marktbewegung profitieren (Long oder auch Short).

Diesmal ist (eben nicht) alles anders

Um eine erfolgreich getestete Anlagestrategie konsequent durchzuhandeln, muss man sich als Trader oder Investor zwangsläufig an einem Regelwerk orientieren. Und nicht aus irgendwelchen Gründen davon abweichen. Der Satz „Diesmal ist alles anders“ wird an der Börse meist teuer bezahlt. Die eigene Marktmeinung spielt bei einer regelbasierten Strategie ebenso wenig eine Rolle wie etwaige Nachrichten oder Analysen im Umfeld der Aktienmärkte. Diese richtig zu interpretieren, ist zum einen nicht immer so leicht und zum anderen auch völlig ohne Mehrwert, wenn die anderen Marktteilnehmer (gerade die finanzstarken Player) ganz andere Schlüsse daraus ziehen oder sich dafür gar nicht interessieren. Recht haben und Recht bekommen (in Form von Kursgewinnen) sind an der Börse zwei völlig unterschiedliche Paar Schuhe.

Ein gutes Beispiel dafür ist die überraschend deutliche Leitzinssenkung der US-Notenbank gestern. In der ersten Reaktion schoss der DAX am Nachmittag – vermeintlich erwartungsgemäß – um 200 Punkte auf 12 250 Zähler nach oben, nur um im Anschluss mehr als 300 Punkte zu verlieren. Nachbörslich fiel der Index sogar fast bis auf 11 700 Punkte. Und heute sehen wir schon wieder Niveaus von über 12 100 Punkte. Wie also lautet jetzt die richtige Interpretation der zumindest zu diesem Zeitpunkt und in dem Ausmaß relativ überraschenden Maßnahme der Fed?

Der Marktfilter reduziert die Risiken

Wir lassen uns von diesen ganzen Sachen bei unserer Strategie nicht beeinflussen und halten uns an unser Regelwerk. Ein langfristig betrachtet ganz wichtiges Element bei unserer Aktien-Momentum-Strategie ist der so genannte Marktfilter. Der verhindert nämlich, dass wir in länger anhaltenden Bärenmärkten dauerhaft auf der Long-Seite investiert sind. Beim Crash rund um die Finanzkrise wären wir im Jahr 2008 insgesamt nur zwei Monate im Markt gewesen. Zwar hätten wir in dieser Phase mit unseren gehebelten Aktien-Trades auch ein gewichtetes Minus von rund 20% realisiert. Der DAX verlor in dem Jahr aber über 40% an Wert. Dank zahlreicher Gewinne mit der DAX-Absicherungs-Strategie wäre die Gesamtperformance des Depots sogar deutlich positiv gewesen. Natürlich ist dieser Marktfilter kein Allheilmittel und es wird definitiv Phasen geben, in denen mehrere Fehlsignale hintereinander auftreten. Das wird dann wie auch jetzt wieder viele Zweifler auf den Plan rufen. Aber wenn wir die ganz extremen Kurseinbrüche in unserem Depot vermeiden wollen, kommen wir an einem solchen Filter nicht vorbei. Und alle Leser werden darüber froh sein, wenn es mal richtig crashen sollte.

Für unsere Aktien-Momentum-Strategie haben wir es so geregelt, dass grundsätzlich alle Depotwerte verkauft werden, sobald der Sammelindex HDAX an einem unserer wöchentlichen Stichtage mindestens fünf Prozent unter seinem 130-Tage-Durchschnitt notiert, also sein RSL-Wert unter die Marke von 0,95 fällt. Und genau das war gestern Abend zum Schlusskurs der Fall (siehe rote Linie im Chart).

Das bedeutet jetzt nicht, dass es auf jeden Fall zu einem weiteren Ausverkauf an den Aktienmärkten kommen wird. Wenn es „dumm“ läuft, dreht der Markt direkt wieder nach oben und wir verpassen den ersten Teil des Aufschwungs. Oder wie steigen am Ende der Erholung wieder ein, um dann den nächsten Abwärtsschub erneut voll mitzunehmen. Alles das ist möglich und in den Backtests auch mehrfach vorgekommen. Es kann aber auch anders kommen. Und wenn die Kurse wirklich mal nachhaltig einbrechen und wir eine echte Baisse erleben, dann schützt uns dieser Filter vor richtig dicken Verlusten. Auf lange Sicht ist solch eine Schutzfunktion ein elementarer Baustein bei Strategien an den Aktienmärkten.

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