Stille Revolution beim IWF als Antwort auf China

Der IWF bricht mit dem über Jahrzehnte vertretenen Prinzip, dass Länder in einer Finanzkrise erst dann frisches Geld erhalten können, wenn rückständige Schulden („arrears“) beim IWF beglichen sind und ein Abkommen über ein Hilfsprogramm ausgehandelt ist.

Das wiederum setzte bislang voraus, dass parallel Umschuldungsabkommen mit den staatlichen und privaten Gläubigern ausgehandelt werden, in denen die Schulden durch einen Schuldenschnitt („haircut“) auf ein tragbares Maß zusammengestrichen und zeitlich gestreckt werden. Dieses Verfahren hat sich seit den 1980er-Jahren mit den staatlichen und privaten Gläubigern eingespielt und sicherte durch kollektive Mechanismen die Gleichbehandlung aller Gläubiger.

Der Mechanismus funktioniert aber nicht mehr, seit China eine führende Rolle bei der Finanzierung der EM einnimmt. Normale Gläubiger akzeptieren im Rahmen der Umschuldung den vielzitierten „haircut“, weil damit die Schulden auf ein tragbares Maß herabgesetzt werden, die dann ordnungsgemäß bedient werden können und damit werthaltig werden – im Gegensatz zu den durch Ausfälle weitgehend entwerteten Altschulden.

Im Falle Chinas greift dieser Anreiz aber nicht mehr ausreichend, da Beijing seine Kredite an die Schwellenmärkte in der Regel mit politischen Wohlverhaltensklauseln verbindet: Die Kredite werden als politisches Machtinstrument genutzt, um die Schuldner den politischen Interessen Chinas unterzuordnen, wie vor allem durch ein 2021 gemeinsam vom Kieler Institut für Weltwirtschaft und dem Peterson Institute for International Economics vorgelegtes Papier detailiert bekannt geworden ist.

Durch die politische Nutzung der Kredite verringert sich der Anreiz für die chinesische Regierung, einem „Haarschnitt“ zuzustimmen, ganz erheblich, denn auch ein durch den Ausfall wirtschaftlich wertloser Kredit bleibt ein wirksames Machtinstrument. Und so hat Beijing trotz der seit 2022 gemachten Zusagen zu einer konstruktiven Zusammenarbeit mit dem IWF und den anderen Gläubigern in den Krisenfällen bislang jedes Abkommen blockiert.

Der IWF versucht nun, durch die Vergabe frischer Hilfsgelder vor einem Abkommen (“lending into arrears”) Beijings Position zugunsten der Schuldner zu schwächen und damit die Verhandlungen in Gang zu bringen. Denn mit der Maßnahme wird die direkte Abhängigkeit vom Kreditgeber China gelockert. Wir sehen darin unsere Warnung vom Juni 2021 (vgl. PEM v. 17.6.21) bestätigt: Die Annahme chinesischer Kredite muss als Negativmerkmal gesehen werden, wenn es um die Beurteilung der Schuldnerländer geht. mk

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