Der erstaunliche Konjunktur-Optimismus des Jens Weidmann
Bundesbank-Chef drängt auf Exit-Fahrplan _ Noch ist der Wettlauf zwischen dem Impffortschritt und der hochansteckenden Delta-Mutante nicht entschieden. Entsprechend waberte auch auf dem Podium des Frankfurt Euro Finance Summit die Stimmung zwischen konjunktureller Hoffnung und Delta-Bangen. Umso erstaunlicher, dass ausgerechnet der ansonsten eher zurückhaltende Bundesbank-Präsident Jens Weidmann ein auffallend positives Konjunktur-Bild für Deutschland und die Eurozone zeichnete.
Die Impffortschritte machen aus heutiger Sicht die Annahme plausibel, dass in den ersten Monaten 2022 alle nennenswerten Corona-Maßnahmen entfallen können, ließ Weidmann verlauten. Die deutsche Wirtschaft könnte deshalb schon in diesem Sommer ihr Vorkrisenniveau erreichen. Ein halbes Jahr früher als von den Bundesbank-Volkswirten noch im Dezember prognostiziert. Auch die Wirtschaftsleistung der Eurozone werde voraussichtlich schon im ersten Quartal 2022 über dem Niveau von vor der Pandemie liegen. Ein Krisenjahr wäre das aus seiner Sicht nicht mehr, so Weidmann.
Weidmanns Konjunktur-Zuversicht kommt indes nicht von ungefähr. Denn der Bundesbank-Chef will den EZB-Rat auf einen Ausstiegsfahrplan für das Pandemie-Notkaufprogramm PEPP festnageln. Das Programm sei eindeutig an die Pandemie gebunden und müsse beendet werden, sobald die Notsituation überwunden sei, stellte Weidmann klar. Das habe auch EZB-Präsidentin Christine Lagarde bestätigt. Nach Ansicht Weidmanns ist der Zeitpunkt für das PEPP-Ende gekommen, wenn alle wesentlichen Corona-Einschränkungen, die das Wirtschaftsleben beeinträchtigen, aufgehoben sind und die wirtschaftliche Erholung gefestigt ist.
Dabei ist es sicher kein Zufall, dass Weidmanns Prognosen darauf hinauslaufen, dass diese beiden Bedingungen just im ersten Quartal 2022 erfüllt sein könnten. Denn PEPP ist bis mindestens Ende März 2022 befristet. Um das Programm nicht ruckartig zu beenden, sollten die Nettokäufe bereits im Vorfeld zurückgefahren werden, so Weidmann. Im Klartext: Die EZB sollte schon im vierten Quartal mit dem Drosseln der Anleihekäufe beginnen. Ob sich der Bundesbank-Chef damit im EZB-Rat durchsetzen kann, darf indes bezweifelt werden. Die tonangebenden Südländer wollen PEPP nicht so schnell aus der Hand geben. Sie fürchten steigende Refinanzierungskosten für die besonders hoch verschuldeten Staaten.
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