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Wie KI die nächste Finanzkrise auslösen aber auch abwenden kann

Jahreskonferenz des  Europäischen Ausschuss für Systemrisiken (ESRB) in der Frankfurter EZB-Zentrale.
Jahreskonferenz des Europäischen Ausschuss für Systemrisiken (ESRB) in der Frankfurter EZB-Zentrale. © Adrian Petty/ECB

_ Algorithmen bewegen heute in Millisekunden Milliarden von Euro an den Märkten. Sie können Flash Crashs auslösen, bei denen es in Minuten zu rapiden Kursverlusten kommt, gefolgt von ebenso schnellen Erholungen. Das ist nur ein Beispiel für die Herausforderungen, vor die KI Finanzaufseher stellt. Durch die rasante Entwicklung kommen viele neue hinzu. Sprachmodelle wie ChatGPT sind dabei nur ein kleiner Teil der Möglichkeiten.

Auf einer EZB-Konferenz diskutierten am Freitag hochrangige Experten über Fluch und Segen von KI für den Finanzsektor. Dabei kamen drei Punkte zur Sprache, wie KI potenziell Krisen auslösen, aber auch das Finanzsystem stabiler machen kann. Erstens die Komplexität. Die Vizechefin der BIZ, Andréa Maechler, sprach von der „Blackbox-Natur der KI“. Gemeint ist: Selbst Entwickler eines KI-Modells können in der Regel nicht erklären, wie es zu Ergebnissen kommt, weil sich die KI selbstständig weiterentwickelt.

Das erinnert an die Finanzkrise 2008. Eines der Probleme damals: Investoren kauften Finanzprodukte, die sie nicht verstanden, weil die dahinterstehenden Modelle zu komplex waren. Auch bei KI gibt es die Gefahr, dass sie keiner versteht. Zanna Iscenko, Ökonomin bei Google, verwies darauf, dass es Finanzprodukte gibt, bei denen Investoren über 30.000 Seiten Dokumentation durcharbeiten müssen, um sie zu durchblicken. Sie sieht durch KI die Chance, mehr Informationen zu verarbeiten und zu berücksichtigen.

Ein zweiter Punkt ist das Herdenverhalten. „Viele unserer KI-Anwendungen basieren auf denselben Modellen. Dabei besteht das Risiko, dass sie am Ende sehr homogene Empfehlungen liefern könnten“, warnte Maechler. Dies könnte den Herdentrieb an den Finanzmärkten noch verstärken, etwa beim Handel über Algorithmen. Google-Ökonomin Iscenko hielt mit einer Anekdote dagegen.

Sie erzählte, wie sie in San Francisco zum ersten Mal mit einem vollautomatisierten Taxi gefahren ist. Dies sei eine ihrer entspanntesten Taxifahrten seit Jahren gewesen. Kein Hindurchschlängeln durch enge Gassen, kein überraschendes Bremsen. Daraus schloss sie: „In gewisser Weise könnte die Tatsache, dass Algorithmen keinen menschlichen Emotionen, Paniken und Übertreibungen ausgesetzt sind, eine positive Kehrseite haben.“ Letztlich liege darin die Chance, die Widerstandsfähigkeit des Finanzsystems in turbulenten Phasen zu verbessern.

Ein dritter Punkt ist Geschwindigkeit. Auch hier steht die Gefahr, dass Algorithmen in Millisekunden handeln und Phänomene wie Flash Crashs auftreten. Auf der anderen Seite sieht Dirk Zetzsche, Professor für Finanzrecht an der Uni Luxemburg, die Möglichkeit, Aufsichtstätigkeiten bei den Banken in viel kürzeren Abständen und schneller abzuwickeln. „Wir können dadurch zu Echtzeit-Regulierung übergehen“, sagte er. Die Experten auf der EZB-Konferenz waren sich einig: KI wird die Finanzwelt nachhaltig verändern. Vieles lasse sich nicht durch Regulierung steuern, es sei aber wichtig, immer wieder auch über die Risiken zu diskutieren. jam

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