Unternehmensnachfolge – Warum externe Lösungen oft scheitern

Frühe Planung zahlt sich aus _ Es ist ein Problem, das noch zu wenig Beachtung findet, auch bei Vertretern des Finanzsektors: Die zunehmende Zahl an ausstehenden Unternehmensnachfolgen, für die dringend eine Lösung hermuss. Je nach Quelle ist in den nächsten Jahren von 38 000 bis 100 000 Unternehmen pro Jahr auszugehen, für die eine Nachfolge gesucht wird. Da kleine und mittlere Unternehmen für 34% der Arbeitsplätze in Deutschland stehen, ergibt sich eine große Relevanz für die Wirtschaft allgemein, schreibt die Creditreform in ihrem neuen Report.
Die Folgen des demografischen Wandels machen sich bereits in Zahlen bemerkbar. Während das Durchschnittsalter der Übergebenden 2021 noch 58 betrug, stieg es letztes Jahr auf 61 Jahre. Patrick Seip vom M&A-Beratungshaus Sonntag Corporate Finance zeigt sich davon überrascht, da er im Projektmix von Sonntag eine andere Entwicklung feststelle. „Die Mandantschaft wird jünger. Lebenspläne von Unternehmern verändern sich und das Thema Verkauf rückt früher auf die Tagesordnung“, sagt er uns. Immerhin ist das Durchschnittsalter der Übernehmenden mit 38 Jahren gleich geblieben.
Laut einer Studie des Instituts für Mittelstandsforschung Bonn aus 2019 wurden damals ca. 80% der Nachfolgen im Mittelstand intern geregelt. „Dieser Anteil wird mittlerweile niedriger sein und wahrscheinlich noch weiter fallen“, erwartet Seip. Mehr zu tun also für Transaktionsberater, zumindest theoretisch. „Die meisten Firmen suchen leider keinen M&A-Berater, obwohl sie groß genug wären“, sagt uns Felix Engelhardt, CEO der M&A-Beratung Zumera.
In diese Lücke könnten auch Kreditinstitute springen. Die Hausbanken der teils M&A-unerfahrenen (Kleinst-)Unternehmer wären gut beraten, sich intensiver auf das latente Nachfolgeproblem einzustellen. Dazu gehört v. a. der Aufbau gezielter Expertise bei Firmenkundenbetreuern oder gar interdisziplinär aufgestellte Corporate Finance-Abteilungen. „Mittlerweile haben wir häufig Kontakt zu Fällen, bei denen die interne Nachfolge gescheitert ist“, berichtet Seip.
Je früher der Unternehmer anfängt, die Zukunft aus strategischer, finanzieller und rechtlicher Brille zu planen, desto höher ist der potenzielle Preis, den er für seine Firma – oft ein Lebenswerk – abrufen kann. Denn wenn externe Investoren sehen, dass die Nachfolge sorgfältig und mit Vorlauf eingeleitet wurde, werden sie umso kaufwilliger bei den Verhandlungen aufkreuzen. Dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit für einen erfolgreichen Abschluss der Transaktion und eine Nachfolgelösung mit Bestand.
Die Gründe für das Scheitern einer externen Lösung sind neben mangelnder Vorbereitung vielfältig: Abhängigkeiten (z. B. von Inhabern, Kunden, Lieferanten), unterschiedliche wirtschaftliche Vorstellungen, Performance des Unternehmens während des M&A-Prozesses, exogene Schocks. „Ein Aspekt, der zunehmend an Gewicht gewinnt, sind die höheren Finanzierungskosten infolge der Zinswende. Das führt teils zu einer 20-30% niedrigeren Unternehmensbewertung“, sagt Engelhardt. Oftmals unterschätzten Unternehmer auch, wie komplex die Kaufpreisfindung in der Praxis ist, oder verschätzten sich bei der Bewertung aufgrund mangelnder Objektivität – etwa wegen emotionaler Bindung.
Im Creditreform-Report wird zudem deutlich, dass der Anteil derer, die im Team übernehmen, zuletzt immer geringer wurde. „Dabei ist genau das für die Unternehmen eine besonders wertvolle und innovative Lösung, die bei einem Management Buy-Out die Führungskräfte auch langfristig bindet“, erklärt Seip. Er selbst übernahm 2021 gemeinsam mit sieben Kollegen die beiden Gesellschaften Sonntag Corporate Finance und Nachfolgekontor. ck
ARTIKEL DIESER AUSGABE
Sparkassen – Nach der Zins-Bonanza droht 2024 der Kater
Deutschlands Sparkassen schwelgen im Zinsrausch. Die hohen Abschreibungen im vergangenen Jahr auf eigene Anleihebestände (Depot A) sind längst verdaut und wandeln sich zunehmend in Zuschreibungen.... mehr
Nord/LB – Unabhängiger Gutachter soll BLSK-Abspaltung prüfen
Einvernehmlich hat der Aufsichtsrat auf seiner jüngsten Sitzung beschlossen, einen unabhängigen Gutachter zu beauftragen, der eine Herauslösung der Braunschweigischen Landessparkasse... mehr
Belegschaft bei deutschen Top-Banken nimmt weiter ab
Die Top-Institute der deutschen Bankenwelt werden weniger Mitarbeiter beschäftigen. Das ist die implizierte Botschaft einer PLATOW-Umfrage, an der Deutsche Bank, Commerzbank, ING, UniCredit... mehr
Finanzkriminalität – Grosser Wurf fällt Lindner vor die Füsse
Die Erwartungen, die Christian Lindner im Sommer 2022 mit seiner Ankündigung eines „Bundesfinanzkriminalamts“ geschürt hatte, rächen sich nun. Ein großer Wurf sehe anders aus,... mehr
Kunden treiben Deutsche Julius Bär in Immobilien
Die Schweizer Privatbank Julius Bär (JB) erweitert im Rahmen ihrer Wachstumsstrategie das Angebot um Immobiliendienstleistungen. Der Zeitpunkt überrascht, ist doch der Immobilienmarkt... mehr
Anbieter trommeln weiter für Private Markets-„Demokratisierung“
Zwiespältige Signale sendet das Private Markets-Geschäft. Einerseits drängt immer noch reichlich Geld in Private Equity-, Venture Capital- und andere Fonds (s. PLATOW v. 21.9.). Andererseits... mehr
EZB-Bankenaufsicht – Wie Effizient ist die Arbeitsteilung?
Die deutsche Wirtschaft kühlt merklich ab (s. Top-Thema). Zu den Zinsrisiken gesellen sich bei den Banken vermehrt Sorgen um die Werthaltigkeit von Krediten. Es beruhigt, dass als Lehre... mehr
Kampf um Einlagen immer aggressiver
Nach den Negativzinsen sind für Banken goldene Zeiten angebrochen. Noch können sie mit der Trägheit ihrer Kunden rechnen und diese mit Einlagenzinsen von um die 1% abspeisen. mehr