Aussenpolitik

USA – Werte teilen und Geschäfte machen

Ein US-Dollar
Ein US-Dollar © CC0 Public Domaine

Die Vertragsverlängerung für VW-Chef Herbert Diess bis 2025 war kein Selbstläufer. Kürzlich wurde sie vollzogen, mit der vielfach nachzulesenden Fußnote, dass sich das weitere Schicksal des Spitzenmanagers, der mit Toyota um die Führung auf dem globalen Automarkt ringt, in der Volksrepublik China entscheiden werde. So weit sind wir gekommen. Ohne China hätte sich die deutsche Wirtschaft nicht so gut in der Pandemie geschlagen und wäre nach deren Abklingen nicht so schnell wieder in Fahrt gekommen.

Die deutsche Abhängigkeit von diesem riesigen Markt ist nicht die einzige. Eine ähnliche gibt es bei Energie. Deutschland ist mit seiner Wirtschaft auf Öl- und Gasimporte angewiesen. Die Versorgung wollen die politisch Verantwortlichen nicht allein den Lieferungen aus der krisenanfälligen Golfregion überlassen. Hier kommt Russland, neben China einer der großen Rivalen der USA, ins Spiel und mit Russland das Großprojekt Nord Stream 2. Wie unterschiedlich in Berlin und Washington über China und Russland reflektiert wird, war trotz aller Diplomatie beim Abschiedsbesuch von Angela Merkel bei Joe Biden mit Händen zu greifen.

Das westliche, sich auf Freiheit und Selbstbestimmung gründende Wertesystem, wird von Merkel wie von Biden ohne Wenn und Aber ausgestrahlt und dennoch werden die Beziehungen zu Russland und China völlig unterschiedlich gelebt. Bidens Blickwinkel wird geprägt vom Anspruch einer Weltmacht, die ihre Stellung bedroht sieht. Merkel hingegen steht an der Spitze eines „Exportweltmeisters“. Von den 44,5 Mio. Arbeitsplätzen geht jeder vierte auf das Konto des Exports. Merkel wäre nicht nahezu 16 Jahre Kanzlerin geblieben, wenn sie das ignoriert hätte. Wirtschaftliche Abhängigkeit macht erpressbar. Politische Zustände, die mit denen westlich geprägter Demokratien unvereinbar sind, werden toleriert.

Eine Fortentwicklung des Entspannungskonzepts „Wandel durch Annäherung“ der 1970er-Jahre erhofft sich aus wirtschaftlicher Nähe auch neue politische Freiräume. In der Tat ist kein Regime der Welt in Stein gemeißelt. Gleichwohl ist es verstörend, wenn Menschenrechte auf dem Altar des schnöden Mammon geopfert werden. Das gilt übrigens auch für Brüssel und die EU. Um nach UK nicht weitere Mitglieder zu verlieren, lässt Ursula von der Leyen Ungarn und mehr noch Polen fast alle politischen Entgleisungen durchgehen. Kürzungen bei den Wohltaten werden halbherzig oder gar nicht umgesetzt. Sie würden aber vor allem die Menschen treffen.

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