Christine Lagarde – Mit ruhiger Hand in die Sommerpause
Kolumne _ Am kommenden Donnerstag (16.7.) trifft sich der EZB-Rat zu seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause. Nach den Krisensitzungen seit Ausbruch der Corona-Pandemie, die zuletzt nur virtuell stattfanden, dürfte diesmal die Stimmung deutlich entspannter sein.
Die Lockdowns in den Euro-Staaten wurden mittlerweile deutlich gelockert. Die Konjunktur-Indikatoren deuten nach den dramatischen Einbrüchen im März und April seit Mai wieder auf eine leichte Erholung hin, wenn auch auf einem sehr niedrigen Niveau. Auch die Kapitalmärkte zeigen sich trotz rasant steigender Neuinfektionszahlen in den USA bislang erstaunlich gelassen. Es wird denn auch erwartet, dass es der EZB-Rat am Donnerstag dabei belässt, seinen aktuellen geldpolitischen Kurs zu bestätigen. Um möglichen Erwartungsdruck im Vorfeld der Zinssitzung gar nicht erst aufkommen zu lassen, hatte EZB-Präsidentin Christine Lagarde erst kürzlich eine geldpolitische Pause angedeutet. Nach der Anfang Juni beschlossenen Verlängerung des Pandemie-Notkaufprogramms (PEPP) bis Ende Juni 2021, das zugleich kräftig um 600 Mrd. Euro auf 1,35 Billionen Euro aufgestockt wurde, sieht die EZB jetzt vor allem die europäische Politik in der Pflicht zu liefern.
Am Tag nach der EZB-Sitzung treffen sich die EU-Staats- und Regierungschefs erstmals seit Ausbruch der Pandemie wieder physisch zu einem Sonder-Gipfel in Brüssel, zu dem auch Lagarde erwartet wird. Ganz oben auf der Tagesordnung des zweitägigen Meetings am 17. und 18.7. steht die Entscheidung über das mehrjährige EU-Budget, in das auch der von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vorgeschlagene 750 Mrd. Euro schwere Pandemie-Wiederaufbaufonds eingebettet werden soll. Zur Finanzierung des Corona-Fonds soll der EU-Kommission erstmals erlaubt werden, in großem Umfang eigene Schulden aufzunehmen. Die Verabschiedung des heftig umstrittenen Haushaltsplans ist die erste große Nagelprobe für die noch junge deutsche EU-Ratspräsidentschaft. Da Budget-Beschlüsse Einstimmigkeit erfordern, muss Kanzlerin Angela Merkel ihr ganzes Verhandlungsgeschick in die Waagschale werfen, um die von den Niederlanden und Österreich angeführten „sparsamen Vier“ ins Boot zu holen. Ein Scheitern des Wiederaufbaufonds, von dem vor allem Italien und Spanien durch nicht rückzahlbare Zuschüsse profitieren würden, dürfte auch an den Kapitalmärkten für erhebliche Turbulenzen sorgen. Lagarde hat bereits geliefert, jetzt ist Merkel am Zug.
ARTIKEL DIESER AUSGABE
DAX-Zusammensetzung – Strenger fordert „Qualität“ als Kriterium
Christian Strenger ist aufgewühlt. Den ehemaligen DWS-Chef und Corporate Governance-Papst ärgert, dass der nach einem Betrugsskandal insolvente Börsen-Zombie Wirecard noch immer im... mehr
Thyssenkrupp – Erstaunlich entspannt trotz Krise
Mit der Mitte Juni erteilten EU-Genehmigung für den Verkauf der Aufzugssparte ist Thyssenkrupp-Chefin Martina Merz eine große Last von den Schultern genommen worden. Zwar ist noch nicht... mehr
Schweizer Banken – Viele Baustellen trüben die guten Geschäfte
Die Schweizer Banken werden das erste Halbjahr nach unseren Recherchen deutlich besser abschließen als ursprünglich befürchtet. Das gilt sowohl für Privatbanken wie Vontobel, wo der... mehr
Debeka gewinnt mehr Neukunden im ersten Halbjahr
Die private Krankenversicherung (PKV) zeigt sich auch unter den aktuell erschwerten wirtschaftlichen Bedingungen im ersten Halbjahr offenbar weiter in guter Verfassung. Darauf deuten erste... mehr
IT-Systeme der Chemiebranche haben grosse Sicherheitslücken
Mittelständler aus der Chemiebranche haben noch immer große Lücken in der IT-Sicherheit. Fast jedes Dritte Unternehmen ist bereits Opfer einer Cyberattacke geworden. Nach einem erfolgreichen... mehr
Neuer Eurogruppen-Chef – Revolte der Konservativen
Eine faustdicke Überraschung war die Wahl des irischen Finanzministers Paschal Donohoe zum neuen Chef der Eurogruppe. Der Konservative setzte sich im zweiten Wahlgang denkbar knapp mit... mehr
Lieferketten – Unternehmen sorgen sich kaum um Coronaeffekt
Das Coronavirus rief der Weltwirtschaft eindrücklich ihre globalisierte Abhängigkeit ins Gedächtnis. Ein erster Knackpunkt ausgehend von China reichte, um im Dominoeffekt weltweite... mehr
Real – Kartellbehörde geht erneut in die Prüfung
Nach langem Ringen wurde Ende Juni endlich der Verkauf der Metro-Tochter Real mitsamt der über 270 Filialen an die Immobiliengesellschaft x+bricks, strategischer Partner der luxemburgischen... mehr
BASF rutscht tief in die Verlustzone
Für BASF wird die Beteiligung an Wintershall Dea vom Segen zur Last. Vergangenes Jahr noch bescherte ein Sondereffekt nach der Fusion von Wintershall und Dea den Ludwigshafenern im Q2... mehr