Beteiligungen

Rocket Internet – Das Aufbäumen der Aktionäre

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Software Code Internet Technologie © CCO-Public Domain

_ Ende Oktober verschwand Rocket Internet ohne großes Aufsehen von der Börse. Die Samwer-Brüder haben das Interesse an Startups verloren und widmen sich nun lukrativen Investments im Bereich Immobilien und Erneuerbare Energien. So leicht lassen die Rocket-Anleger CEO Oliver Samwer aber nicht vom Haken. Sie fühlen sich betrogen.

Das Resultat ist eine Anfechtungsklage beim Landgericht Berlin von Rocket-Anleger und Venture Capitalist Robert Haselsteiner (HW Capital). Dem verärgerten Aktionär zur Seite steht als prominenter Streithelfer Ex-DWS-Chef Christian Strenger. Für den Corporate Governance-Experten ergeben die in der Summe ungewöhnlichen Schachzüge der Samwers einen von diversen Interessenkonflikten geprägten Bereicherungsversuch.

Denn den Minderheitsaktionären wurde nur der coronabedingt lädierte 6-Monatsdurchschnittspreis von 18,57 Euro geboten (IPO-Preis 42,50 Euro). Die Aktien kauften die Samwers ausgerechnet mit den Mitteln der Rocket-Gesellschaft zurück, über die sie selbst verfügen, und zogen sie dann ein. Den realen Wert der Rocket-Aktie verorten Bewertungsexperten allerdings bei über 30 Euro. Da inzwischen über 40% der freien Aktionäre ihre Aktien angedient hätten, sei die Beteiligung der Samwers auf knapp 63% gestiegen, was einem Wertzuwachs von über 200 Mio. Euro gleichkäme, kritisiert Strenger im PLATOW-Gespräch. Vor allem Fondsgesellschaften mussten das Angebot annehmen, da sie keine ungelisteten Aktien halten dürfen.

Des Weiteren erscheint Strenger angreifbar, dass die schon länger erkennbare Unlust der Samwers an den Börsenpflichten und die für eine solch komplexe Transaktion erforderlichen Vorbereitungsarbeiten die Samwers zu einer viel früheren ad hoc-Meldung hätte zwingen müssen. Am 1.9. erst legte das Rocket-Management erst seinen Plan vor, Ende Oktober verschwand die Startup-Fabrik vom Kurszettel.
Nun läuft die Nachfrist für das Rückkaufangebot.

Ob die Samwers ein verbessertes Angebot freiwillig abgeben würden, sieht Strenger skeptisch. Schließlich müssen sie ihren Ruf am Kapitalmarkt nicht mehr pflegen. Der Streit dürfte vielmehr zäh und langwierig werden. Da bedarf es schon hoher Motivation, solche „Dreistigkeiten zur de facto Selbstbereicherung“ nicht ohne Gegenwehr geschehen zu lassen. Doch wie Strenger betont, bringe er diese Motivation allemal mit.

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