Atom-Gipfel in Hanoi – Kim hat zu hoch gepokert

Es war sicher kein Zufall, dass zeitgleich zum Auftakt des zweiten Gipfeltreffens zwischen US-Präsident Donald Trump und Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un in Hanoi im US-Kongress eine kaum weniger spektakuläre Anhörung stattfand. Was der mit Sonderermittler Robert Mueller kooperierende ehemalige Trump-Anwalt Michael Cohen vor den Parlamentariern aussagte, war nicht nur wenig schmeichelhaft für den US-Präsidenten, sondern könnte ihm auch politisch gefährlich werden.

Gilt Cohen doch als einer der Hauptbelastungszeugen in der so genannten Russland-Affäre, die Trump seit seinem Amtsantritt verfolgt. Da kam Trump das Gipfel-Spektakel als willkommene Ablenkung von der Washingtoner Anhörung sehr gelegen. Doch auch Kim sind die Probleme Trumps an der Heimatfront nicht verborgen geblieben, aus denen der nordkoreanische Diktator offensichtlich Kapital schlagen wollte. Kim glaubte wohl sogar, der US-Präsident stehe innenpolitisch dermaßen mit dem Rücken zur Wand, dass er den Preis für einen Gipfel-Erfolg kräftig in die Höhe treiben kann. Als Gegenleistung für die Schließung der Anlage zur Anreicherung von Uran für Atomwaffen in dem Nuklearkomplex Yongbyon verlangte Kim von Trump die Aufhebung sämtlicher Sanktionen gegen Nordkorea. Doch damit hatte Kim sein Blatt überreizt. Trump ließ den Gipfel ohne die zuvor angekündigte gemeinsame Erklärung platzen. Auch das geplante Mittagessen der beiden Staatschefs fiel aus. Bei seinem taktischen Kalkül unterlag der diplomatisch wenig beschlagene Kim denn auch einer krassen Fehleinschätzung. So haben die Amerikaner von Kim auch die Schließung einer weiteren, streng geheimen Atomanlage der Nordkoreaner gefordert. Die wollte Kim offensichtlich in der Hinterhand behalten, um sein Atomprogramm jederzeit als Lebensversicherung für sich und sein Regime reaktivieren zu können. Kim sei überrascht gewesen, dass die USA darüber Bescheid wussten, ließ Trump nach dem gescheiterten Gipfel durchblicken. Vor diesem Hintergrund konnte es sich Trump gar nicht erlauben, die Sanktionen als wichtigstes Druckmittel der USA gegen Nordkorea komplett aus der Hand zu geben. Ansonsten hätte Trump damit rechnen müssen, zuhause als selbsternannter Dealmaker vorgeführt zu werden, der sich von einem Diktator hat über den Tisch ziehen lassen.

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